Heinrich Ernst Ziegler an Ernst Haeckel, Jena, 24. März 1907
Prof. Dr. H. E. Ziegler | Jena
Jena | 24. Maerz 1907.
Hochverehrter Herr Geheimrat!
In Folge unseres Umzugs kann ich erst heute Ihr Schreiben vom 12. Maerz beantworten und thue dies mit groeßerer Ruhe und Überlegung.
Nachdem ich mich durch die Betrachtung des Platzes überzeugt hatte, dass man das Phylogenetische Museum sehr gut mit dem Institut in Verbindung setzen koenne, habe ich mich gewissermaßen verpflichtet gefühlt, Ihnen || diesen Plan vorzulegen, selbstverständlich als unmaßgeblichen Vorschlag, den sie nach Belieben annehmen oder verwerfen koennen. Ich ging dabei allerdings von der Voraussetzung aus, daß die Regierungen einen Beitrag zu den Baukosten leisten würden, um so mit relativ geringem Aufwand die allmaehlig dringend notwendig gewordene Erweiterung des Zoologischen Instituts und die Schaffung eines für Ihre Vorlesungen genügenden Hoersaals || zu bewirken. Wenn aber die Regierungen keinen Zuschuß zu dem Bau in Aussicht stellen, so ist allerdings der von mir entworfene Plan nicht ausführbar, da die Mittel der neuen Stiftung, wie Sie mit Recht bemerken, nicht zur Erweiterung des zoologischen Instituts verwendet werden dürfen.
Selbstverstaendlich soll das neue Museum vor allem seinem eigentlichen Zwecke gewidmet sein, und ist es auch einleuchtend, || daß keine Objekte aus dieser Sammlung in den Hoersaal gebracht werden dürfen. Denn mit der Benutzung im Hörsaal ist fast unvermeidlich im Laufe der Jahre eine Beschaedigung der Objekte verknüpft, waehrend in einer Schau-Sammlung tadellose Stücke stehen sollen.
Sie werden Herrn Professor Leo Schulze als Custos der Sammlung anstellen. Hoffentlich werden Sie in ihm die Arbeitskraft finden, welche Sie zu der || großen Aufgabe brauchen.
Es liegt mir gaenzlich fern, mich zu der Museumsangelegenheit heranzudrängen, wenn meine Mitwirkung dabei nicht gewünscht wird. Ich lasse die Museums-Angelegenheit ihren Gang gehen, wünsche ihr besten Verlauf, und hoffe nur, daß sie keine nachteiligen Folgen für mein engeres Interessengebiet haben wird. Ich habe || ja mit der Erfüllung meiner jetzigen Verpflichtungen reichlich genug zu thun.
Bis naechsten Mittwoch werden wir in dem neuen Hause voellig eingerichtet sein. Es würde dann meine Frau und mich freuen, wenn Sie, hochverehrter Herr Geheimrat, einmal unser neues Heim (Sedanstraße 16) ansehen wollten.
Mit groeßter Hochachtung
Ew. Exzellenz ergebenster
H. E. Ziegler.