Altmann-Bronn, Ida

Ida Altmann-Bronn an Ernst Haeckel, Rombach, 29. Januar 1917

Rombach, den 29. Januar 1917

Seiner Excellenz

Herrn Geheimrat Professor Ernst Haeckel

Jena

Verehrungswürdigster Meister!

Kaum kann ich Worte finden, Ihnen für die wundervollen Gaben zu danken, mit denen Sie mich und auch meinen Mann aufs höchste erfreut haben. Ich erhielt die mir so kostbaren Sendungen etwas spät, weil ich einige Zeit auf Reisen war. Mein Mann mußte beruflich reisen, und nachdem er zwanzig Jahre auf die Vereinigung mit mir hat warten müssen, trennt er sich nicht gern von mir, wenn es nicht ganz unvermeidlich ist.

Tausend Dank für Ihren Brief, der mich ganz besonders erfreute, da Sie durch die freundliche Mitteilung von den frohen Familienereignissen, der Silberhochzeit Ihrer Frau Tochter und der Kriegstrauung Ihrer lieben Enkelin, mit gestatten, auch an diesen ganz persönlichen Ereignissen Ihres || Lebens teilzunehmen. Tief beglückt hierüber, spreche ich Ihnen, teuerster Meister, meine innigsten Glückwünsche für Ihre werte Familie aus, vor allem den heißen Wunsch, daß endlich unser liebes Vaterland imstande sein möchte, sich seiner Feinde so zu erwehren, daß die jungen Kriegsgetrauten bald zum Genusse holden Friedensglückes gelangen könnten.

Dann finde ich vielleicht auch noch wieder eine Möglichkeit, fürs Vaterland für die Allgemeinheit in Ihrem Sinne, als Ihre Jüngerin zu wirken, Ihnen durch Taten zu danken, denn meine Worte sind zu arm, um Ihnen meinen Dank abzustatten für Ihr prachtvolles Bildnis, das mich nun über meine Bücher hinweg immer mit neuer Begeisterung erfüllt, wenn es auf mich und meinen Arbeitstisch herniederblickt. – Die prächtige Dagoba, der Buddha und die Sternkorallen sind mir liebe alte Bekannte, da ich glückliche Besitzerin der zehn Hefte der Kunstformen wie auch der fünfzehn Lieferungen der wundervollen Wanderbilder bin. Einige von ihnen schmückten immer den Vortragsraum bei den von mir ins Leben gerufenen Jugendveranstaltungen der Berliner freireligiösen Gemeinde, und als ich zu Ihrem achtzigsten Geburtstage in Metz sprach, hatten mein || Mann und ich ebenfalls mit Ihren herrlichen Bildern den Saal der uns beseelenden Stimmung gemäß ausgeschmückt.

Drollig ist das Bildchen des hohen Besuches zu Ihrem achtzigsten Geburtstage, am drolligsten durch etwas vielleicht Halbunbewußtes, indem der Zeichner Ihre Gestalt gegenüber dem Besucher nach dem Grundsatze behandelte, den Bürgers Schäfer Hans Benedix im „Kaiser und Abt“ aufgestellt hat: „Denn einen müßt Ihr doch wohl minder wert sein.“ – Der Zeichner kennt Sie wohl nicht persönlich.

Nochmals innigen Dank für alles und unsere herzlichst ehrerbietigen Grüße.

Ihre getreue Schülerin

Ida Altmann-Bronn.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
29.01.1917
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 8790
ID
8790