Ida Altmann an Ernst Haeckel, Berlin, 5. Oktober 1910

Berlin-Boxhagen, den 5. 10. 1910

Sonntagstraße 34

Hochverehrter Herr Professor!

Ihre kostbare Zuschrift, die Sie die Güte hatten, unseres Kongresses wegen an mich nach Brüssel zu richten, enthielt auch die Mitteilung, daß Sie um Ihrer Gesundheit willen für einige Wochen verreisten. Deshalb unterließ der Kongreß, der Ihre derzeitige Adresse nicht kannte, die Absendung eines Dank- und Begrüßungsschreibens an Sie, dessen Name doch als Begeisterung entfachendes Banner über ihm schwebte. In der Hoffnung, daß Sie nun wieder neugestärkt und in voller Rüstigkeit nach Jena heimgekehrt sind, gestatte ich mir, Ihnen unseren innigen Dank zu sagen für die Förderung, welche die gütige Bekundung Ihrer Anteilnahme an unserer Kampfarbeit dieser zuteil werden ließ.

Freudiger Stolz erfüllte uns alle, als bei der Übermittelung Ihres Grußes und der Übertragung Ihrer Sonnenwendfeier-Ansprache der enthusiastische Jubel immer von neuem den weiten, dichtgefüllten Saal durchbrauste.

Mit dem Kongreß in Rom kann || sich der diesjährige natürlich nicht vergleichen, immerhin hat auch er agitatorisch kräftig gewirkt, und seine Beschlüsse scheinen geeignet, eine straffere organisatorische Arbeit des Generalrats für die Zukunft anzubahnen. – Ich mochte Sie, hochverehrter Herr Professor, nicht mit der Übersendung von Tageszeitungen mit Bruchstücken des Berichtes über den Kongreß belästigen; doch werde ich mir gestatten, Ihnen die Berichtsbroschüre zuzusenden, sobald ich sie aus Brüssel erhalte.

Daß man ein internationales Freidenkerhaus gerade gegenüber dem Vatikan in Rom einzurichten begonnen hat, ist Ihnen wohl von dorther bereits mitgeteilt worden; die verschiedenen auf dem Kongreß vertretenen Nationen haben Beisteuern zu diesem Werke zum Teil versprochen, zum Teil bereits geleistet.

Zum Schlusse darf ich mir wohl auch einige Worte persönlicher Natur gestatten, indem ich Ihnen, teurer ehrwürdigster Meister, meinen heißen Dank sage für die Übersendung der Karten mit Ihren Bildern, die zu meinen kostbarsten Besitztümern gehören, wie die || Augenblicke auf dem Bahnhofe in Rom, am Fuße des Giordano-Bruno-Denkmals und auf dem Janiculus, die ich an Ihrer Seite verlebte, meine herrlichsten Erinnerungen sind.

In tiefster Verehrung

Ihre dankbare Schülerin

Ida Altmann.

Brief Metadaten

ID
8770
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Berlin-Boxhagen
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
05.10.1910
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
14,2 x 22,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 8770
Zitiervorlage
Altmann-Bronn, Ida an Haeckel, Ernst; Berlin-Boxhagen; 05.10.1910; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_8770