Hans Meyer an Ernst Haeckel, Leipzig, 7. Oktober 1899
BIBLIOGRAPHISCHES INSTITUT.
LEIPZIG, 7.10.1899.
Lieber Papa
Endlich sind wir hier wieder ganz sesshaft geworden. Von der Münchener Naturforscher-Versammlung, wo ich einige vulkanische Mitteilungen machte, bin ich mit Liese zum Geographen-Kongress nach Berlin gefahren und habe dort über tropische Gletscher gepredigt. Der Kongress ist sehr gelungen || und hat überraschend viel Positives hervorgebracht, namentlich für die Südpolarexpeditionen, aber der Texte waren so viele, dass wir schon vor Schluss des Kongresses genug hatten und uns still aus dem Staub machten; Liese mit verdorbnem Magen und ich mit tüchtigem Husten. Jetzt geniessen wir die schönen Oktobertage in unserem Garten und erwarten täglich Mama und Emma zu Besuch.
Vor lauter Trubel bin ich noch || gar nicht zum Lesen Deiner „Welträtsel“ gekommen. Einstweilen hat Liese das Buch mit Beschlag belegt und vertieft sich allabendlich stundenlang darein. Nach Allem, was ich darüber höre, beglückwünsche ich Dich von Herzen zu dem grossen Erfolg. Auch der Verleger scheint sehr damit zufrieden zu sein. Ich bin sehr gespannt darauf, namentlich auf die 2. Hälfte.
Die „Kunstformen“ gehen ihren sicheren Weg weiter. Das nächste Heft || wird wieder sehr hübsch werden. Für das darauf folgende wäre aber eine Tafel von höheren Organismen höchst erwünscht. Das Publikum fängt bereits an, sich über den Ausschluss der letzteren zu wundern.
Von den Kindern kann ich nur Gutes melden. Auch das Kleinchen entwickelt sich sehr gut und macht uns viel Freude. Es hat immer noch seine Amme, soll aber nächste Woche zum Fläschchen übergehen: grosser Moment für Lisbeth!
Wir alle 4 grüssen Dich herzlichst und hoffen, Dich bald bei uns zu sehen.
In Treue
Dein Hans.