Arnold Lang an Ernst Haeckel, Neapel, 2. März 1881

Hochgeehrter Herr Professor!

Zuvörderst meinen herzlichsten Dank für die freundliche Beantwortung meines Briefes. Ich sehe daraus zu meinem Schrecken, wie undelicat ich gewesen bin, Ihnen den Vorschlag betr. Conservirung von Medusen zu machen. Ich wusste eben nicht, dass die Verhältnisse so liegen und habe, dessen seien Sie versichert, Ihnen meine Dienste mit dem besten Willen von der Welt angeboten. Nichts als mein herzlichster Wunsch, Ihnen, Herr Professor, von einigen Nutzen sein zu können, hat mich dabei geleitet. Ich bin wirklich sehr betrübt, dabei so mal á propos gekommen zu sein. Bitte verzeihen Sie. Ich muss noch bemerken, dass Prof. Dohrn meinem Ihnen gemachten Antrage fremd war. Er weiss natürlich gar nichts davon. So kann ich doch wenigstens in diesem Punkte Ihnen gegenüber ruhig sein!

Sie können sich nicht vorstellen, Herr Professor, wie leid es mir thut, dass auch ich unverschuldeter Weise durch Ihre Verhältnisse zu Dohrn Ihnen fernergerückt werde. Seien Sie versichert, dass ich trotzdem fortfahre, Ihnen die gleiche Anhänglichkeit und Verehrung zu bewahren, die ich hegte, als ich in Jena so glücklich war von Ihnen belehrt zu werden. Vielleicht ist Ihnen schon diese Antwort auf Ihren Brief unangenehm. Denn wie anders soll ich || Ihren für mich so schmerzlichen Schlusssatz auffassen in dem Sie sagen, dass Sie wünschen müssen „mit Dohrn und seiner Stationkeinerlei Beziehungen zu unterhalten“? Nun, wenn ich Ihnen nicht mehr schreiben darf, so werden Sie, mir doch eines gestatten, das nämlich. Ihnen so lange latent anhänglich zu bleiben, bis sich mir die Gelegenheit darbieten wird, Ihnen in freier und unabhängiger Stellung Zeichen meiner Erkenntlichkeit anzubieten. Es thut mir ja leid genug, daß ich in Folge meiner ohne mein Verschulden zerrütteten finanziellen Verhältnisse einen Theil meiner Unabhängigkeit eingebüsst habe. Ich sage einen Theil – denn in rein persönlichen und wissenschaftlichen Fragen bin ich vollständig unabhängig – ich muss auch zu Gunsten von Dohrn sagen, dass er nie versucht hat, in diesen Dingen einen Einfluss auszuüben, trotzdem er genau weiss, wess Geistes Kind ich bin.

Ich dachte meine Monographie in einigen Monaten abschliessen zu können. Meine finanzielle Bedrängniss jedoch hat mich genöthigt, die Stellung von Herrn Fritz Meyer, der so plötzlich gestorben ist zu übernehmen, so dass ich für’s erste nicht an eigene Arbeit mehr denken kann. Die Verhältnisse liegen eben recht schlecht für mich – ich kann froh sein, schlecht und recht durch meine Stellung in der Station mein Brod verdienen zu können. In der Schweiz sind keine Aussichten und in Frankreich habe ich keine Beziehungen. ||

Zwei junge Schweizer, die seit einiger Zeit das Studium der Zoologie begonnen haben, Maurice Bedot aus Genf und August Göldi aus Schaffhausen, wünschen ihre Studien in Deutschland fortzusetzen. Sie werden auf meinen Rath hin zu Ihnen gehen. Werden Sie mir erlauben, die beiden bei ihrer Abreise nach Deutschland Ihnen zu empfehlen?

Indem ich Sie, hochgeehrter Herr Professor, nochmals bitte, mich entschuldigen zu wollen und mir einiges Wolwollen zu bewahren verbleibe ich

Ihr ganz ergebener

Arnold Lang

Neapel 2/III 1881.

Brief Metadaten

ID
27140
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Italien
Entstehungsland zeitgenössisch
Italien
Datierung
02.03.1881
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
20,9 x 26,4 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 27140
Zitiervorlage
Lang, Arnold an Haeckel, Ernst; Neapel; 02.03.1881; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_27140