Max Vollert an Ernst Haeckel, Jena, 6. November 1913

DER KURATOR

DER GROSSHERZOGL. UND HERZOGL. S. GESAMT-UNIVERSITÄT

JENA

JENA, DEN 6. XI. 13

Hochverehrte Exzellenz!

Auf Ihr gestriges Schreiben habe ich alsbald angeordnet, dass jedenfalls die Bibliothek nicht ausgeräumt wird.

Die zugezogenen Sachverständigen, namentlich auch Herr Professor von Gerichen, der sich vielfach mit ähnlichen Untersuchungen beschäftigt hat, können die Gewähr dafür nicht übernehmen, daß der Prozeß der Zerstörung der Eisenträger abgelaufen ist. Die Baubeamten hielten es danach für geboten, in den Räumen, wo dies ohne Schwierigkeiten geschehen kann, die Eisenträger freizulegen, gut zu isolieren || und dann mit Zement zu bedecken, der das Eisen nicht angreift. Man wäre dann insoweit für alle Zeit gesichert. Die Arbeit würde etwa 600 M kosten.

In den Sammlungssälen, deren Ausräumung sehr erhebliche Kosten verursachen würde und wo die Blasenbildung im Linoleum noch gering ist, soll einstweilen noch nichts geschehen. Es soll an einigen Stellen beobachtet werden, ob der Rost weitergeht.

Die endgültige Entscheidung, welche dem Ministerium zusteht, ist noch nicht getroffen.

Über den Baurat Dietmar dürfen wir den Stab nicht ohne weiteres brechen. Ganz dieselbe Deckenherstellung, wie im Phyletisches Museum, ist von denselben Firmen || mit demselben Material in ungezählten Gebäuden ausgeführt worden, ohne daß dort Rostbildung eingetreten ist. In dem Universitätsgebäude, in dem das gleiche Verfahren angewendet worden ist, sind die Träger ganz rostfrei. Die Annahme der Sachverständigen, daß das Linoleum zu früh aufgelegt worden sei, hat sich nicht bestätigt. Ich erinnere mich, daß bei der Einweihung der Fußboden noch mit Papier belegt war. Das Linoleum ist erst Anfang Winter darauf gekommen. Der Lieferant der Eisenträger schiebt die Schuld auf den Korkestrich, der Lieferant des Korkestrichs auf die Eisenträger. Nach 6 Jahren kann keiner mehr haftbar gemacht werden, zumal sich die Sachverständigen widersprechen. ||

Ich bin gern bereit, bei den Regierungen zu beantragen, daß die Kosten der Reparatur aus einer akademischen Kasse getragen werden, obgleich dann natürlich andere dringende Bedürfnisse zurückgestellt werden müssen.

Ich wollte Ihnen über das Ergebnis der Verhandlungen mündlich Bericht erstatten; ich leide aber seitdem an Gallenstein-Anfällen, und darf mich nicht weit von meiner Wohnung entfernen.

Sobald es mir wieder etwas besser geht, werde ich nicht verfehlen, Sie aufzusuchen. Inzwischen wird dann auch wohl die ministerielle Entscheidung eintreffen.

In bekannter Verehrung

Ihr ganz ergebener

Vollert

Brief Metadaten

ID
47051
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Institution von
Der Kurator der Großherzogl. und Herzogl. S. Gesammt-Universität Jena
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Zielort
Zielland
Deutschland
Datierung
06.11.1913
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,9 x 22,4 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 47051
Zitiervorlage
Vollert, Max an Haeckel, Ernst; Jena; 06.11.1913; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_47051