Ernst Haeckel an Oscar Hertwig, Jena, 14. Mai 1890
Jena 14 Mai 1890
Lieber Freund u. College!
Für Ihren lieben Brief u. die freundliche Zusendung der dritten umgearbeiteten Auflage Ihrer trefflichen Entwickelungsgeschichte danke ich bestens; zugleich mit aufrichtigem Glückwunsche zu dem glänzenden Erfolge dieses Lehrbuchs. Daß Sie darin auch meiner ontogenetischen Bemühungen freundlichst gedacht haben (– im Gegensatze zu manchen Anderen –) danke ich Ihnen besonders. ||
Ich freue mich zu hören, daß Sie auch sonst zufrieden sind, daß Ihr Institutsbau günstige Aussichten hat, u. Ihre Vorlesungen glänzend besucht sind. Sie haben das Fünffache meiner Zuhörer-Zahl!
Ich habe diesen Sommer in der Zoologie 50, im Curs nur 6. Meine Zeit ist diesen Sommer größtentheils durch Museum u. Bibliothek absorbirt, welche einer gründlichen Ordnung dringend bedürfen. ||
Einen gedruckten Bericht über meine algerische Reise werde ich Ihnen bald senden. Meiner Familie geht es gut. Walter scheint in München bei gutem Unterricht (Knirr) jetzt erfreulich Fortschritte zu machen. Lisbeth hat einen sehr munteren Ball-Winter hinter sich u. lernt jetzt Wirtschaft. Emma, die zu Ostern confirmirt wurde, hilft dabei mit. Beide Schwestern musiciren viel. Der Frühling ist dies Jahr hier ganz herrlich, Alles so weit, wie sonst Juni. || Stahl ist aus Indien gesund u. sehr befriedigt zurückgekehrt.
– Hoffentlich geht es Ihrer lieben Familie recht gut.
Mit freundlichen Grüßen von Haus zu Haus
Ihr
E. Haeckel
P. S. Das Exemplar an Fürbringer (dem es gut geht) ist abgegeben.