Elise Dosenheimer an Ernst Haeckel, Jena, 2. Mai 1905
Jena, Sophienstr. 13. II. St.
2. Mai
Sehr geehrter Herr Professor!
Einliegender Brief, den Sie vor 2 Jahren die Liebenswürdigkeit hatten, mir zu schreiben (den Sie mir, bitte, zurückerstatten wollen) soll mir als Legitimation bei Ihnen, sehr geehrter Herr Professor gelten. Nachdem ich den Winter über an der Berliner Universität Vorlesungen gehört habe, bin ich hierhergekommen, um das Sommersemester hier, gerade hier, zu verbringen. || Selbstverständlich habe ich bereits heute Ihrer Vorlesung im Zoologischen Institut beigewohnt. Aber – sehr geehrter Herr Professor, finden Sie es nicht natürlich, daß es mir das nicht genügt, finden Sie es nicht nur zu begreiflich, daß ich den lebhaftesten Wunsch hege, Sie einmal zu sprechen, Ihnen meine Dankbarkeit und Verehrung mündlich zu bezeugen? Dies Ihnen zu sagen, ist der Zweck dieser Zeilen, vielmehr Sie zu bitten, mir gefl.a mitzuteilen, ob und wann ich Sie einmal || besuchen darf? Ich hoffe, daß Sie mir diese Bitte nicht als Unbescheidenheit auslegen.
Gerade heute Abend habe ich den so dummen wie frechen offenen Brief des P. Wasmann an Sie gelesen. „Spotten ihrer selbst und wissen nicht wie!“
Nehmen Sie noch den Ausdruck vorzüglicher Hochachtung von
Ihrer ergebenen
Elise Dosenheimer.
a eingef.: gefl.