Ernst Haeckel an Helene von Waldthausen, Jena, 15. Mai 1917

Jena 15.5.1917.

Hochverehrte Gnädige Frau

und gütige Freundin!

Für den neuen Beweis Ihrer hochherzigen Gesinnung, den Sie durch die Subvention meines Archivars, Dr. Heinrich Schmidt mit Sendung von 1000 Mk gegeben haben, statte ich Ihnen meinen herzlichen Dank ab! Er wird selbst im Laufe der nächsten Wochen nach Königswinter kommen, um Ihnen persönlich zu danken, und zugleich die schwebenden wichtigen Fragen wegen der Zukunft des „Haeckel-Archivs“ (und der eventuellen Verwandlung der Villa Medusa für dessen dauernde Entwicklung) mit Ihnen eingehend zu besprechen.

Es sind da mehrere schwierige Punkte nüchtern zu erwägen, an die wir bei unserer vorläufigen Besprechung am 22.4. mit Herrn Wiedemann nicht gedacht hatten. ||

Am Samstag (12.5.) ist mein Sohn, der Maler Walter Haeckel aus München, mit seiner Gattin zu einem Besuch von 10-14 Tagen bei mir eingetroffen. Wir haben vorgestern und gestern, zusammen mit Dr. Heinrich Schmidt, alle Seiten des Archiv-Projektes eingehend besprochen. So eben (Dienstag Mittag) ist Heinrich Schmidt auf einige Stunden nach Erfurt gefahren, um auch mit Herrn Wiedemann alle Fragen reiflich zu erwägen. Dr. Heinrich Schmidt wird Ihnen am besten mündlich, bei seinem Besuch in Königswinter, über Alles eingehend Bericht erstatten. Mein Sohn steht Ihrem Projekt sympathisch gegenüber, obwohl ich ihm schon vor mehreren Jahren mein Grundstück nebst Haus und Garten ( – Beide hypotheken-frei – ) testamentarisch vermacht hatte. – ||

In Betreff Ihrer hochwillkommenen Stiftung von 24.000 Mk, durch welche das Kapital der „Ernst-Haeckel-Stiftung“ ( – vom Universitäts-Rentamt verwaltet – ) auf 120.000 Mk erhöht wird, wiederhole ich meinen eventuellen Vorschlag, daß Sie die Auszahlung wohl am zweckmäßigsten in 5 einzelnen Raten (zu je 5000 Mk) – an beliebig von Ihnen zu bestimmenden Terminen – effektuiren werden.

Die Aquarell-Skizzen meiner Sammlung – Landschaften auf meinen Reisen in den Alpen und Italien, Orient und Indien aufgenommen – welche ich Sie bitte als geringes Zeichen meiner aufrichtigen Dankbarkeit freundlichst anzunehmen, habe ich gestern begonnen mit meinem Sohne auszusuchen. Sie werden Ihnen noch im Laufe des Juni in einer Mappe geordnet zugehen. ||

Seit 8 Tagen ist endlich auch in unseren rauhen Thüringer Wald der ersehnte Frühling eingezogen – um 5 Wochen verspätet! Nun entfaltet sich die herrliche Baumblüthe mit fabelhafter Geschwindigkeit, und ich erfreue mich in meinem kleinen bescheidenen Gärtchen täglich der „Lebenswunder“, die der unvergleichliche Künstler „Gott-Natur“ aus dem Füllhorn des lebendigen „Plasma“ hervorzaubert!

Für Ihre interessante Reisebeschreibung von Kilauea und Honolulu danke ich Ihnen noch besonders; – nicht minder für das willkommene Geschenk des „Handwörterbuch der Naturwissenschaften“, dessen 10 Bände bereits im E. H. Archiv aufgestellt sind!

Mit herzlichsten Grüßen und besten Wünschen

treulichst Ihr ergebener

Ernst Haeckel.

Brief Metadaten

ID
32543
Gattung
Brief mit Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
15.05.1917
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,8 x 21,9 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 32543
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Waldthausen, Helene (Ellen) von; Jena; 15.05.1917; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_32543