Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Pieter Harting, Jena, 10. Juli 1868

Jena 10 Juli 68.

Verehrtester Herr Kollege!

Auf Ihren so eben erhaltenen freundlichen Brief, für welchen ich Ihnen herzlich danke, beeile ich mich, Ihnen sofort Antwort zu geben.

Es freut mich sehr, daß Sie selbst die Güte haben wollen, die Ausführung der Tafeln zu übernehmen; um so mehr, als Sie in Ihrem Briefe selbst bereits zwei Punkte andeuten, um deren Berücksichtigung bei der lithographischen Ausführung ich Sie gebeten haben würde. Das ist 1, daß die Ausführung bedeutend zarter und durchsichtiger wird, als im Original, welches ich der Klarheit und Deutlichkeit der Formen wegen absichtlich sehr dunkel und schwach gehalten habe. Es dürfte vielleicht gut sein, dem Lithographen als Muster Carl Vogts Siphonophoren von Nizza oder Gegenbauers „neue Beiträge zur Kenntniß der Siphonophoren“ vorzulegen. ||

Ebenso kommt 2, Ihr Vorschlag, den Druck der Tafeln mit blauer oder violetter Farbe, statt mit schwarzer auszuführen, ganz meinem Wunsche entgegen.

Zwei weitere Punkte stelle ich ganz Ihrer eigenen Erwägung, sowie derjenigen des Lithographen anheim, nämlich: 1, ob es vielleicht besser ist, die Tafeln auf dunklem (violetten oder blauen) Grund zu drucken, ebenso wie Claparèdes Arachniden, oder wie Gegenbaur’s Tafeln 26–28 (l.c.), oder wie Vogts Tafeln 3, 13 (l.c.). In diesem Falle müßten alle Schatten der Original-Figuren in Licht, und alles Licht in Schatten umgesetzt werden. Ich glaube wohl, daß die eigenthümliche Durchsichtigkeit der glasartigen Siphonophoren-Körper dadurch noch erhöht werden würde. || Der zweite Punkt, den ich ganz Ihnen überlasse, ist, ob es vielleicht besser wäre, die Figuren, weil sie zum Theil sehr gedrängt stehen, auf eine größere Zahl von Tafeln zu vertheilen. Insbesondere könnten folgende 6Tafeln: 1, 2, 3, 6, 7, 8 vielleicht auf je 2Tafeln vertheilt werden, wodurch allerdings die Zahl der Tafeln von 14 auf 20 steigen würde. Jedoch liegt mir persönlich hieran Nichts, und ich würde die Umstellung der Figuren bloß im Interesse eines splendideren Äußeren des Buches vornehmen. Mir die Tafeln deßhalb zurückzuschicken, wäre nicht nöthig, da ich die Entwürfe der Tafeln hier habe. Auch könnten, abgesehen von jener Veränderung, Tafeln 9–14, an deren Figurenstellung nichts zu ändern ist, sofort vom Lithographen in Angriff genommen werden. Verfahren Sie hierin, ich bitte, ganz nach Ihrer Ansicht. || Zusätze oder Veränderungen am Texte sind nicht mehr vorzunehmen, da ich denselben gleich druckfertig abgeschickt habe. Dagegen bitte ich Sie freundlichst dafür Sorge tragen zu wollen, daß mir sowohl vom Texte als von den Tafeln jedesmal ein doppelter Correcturbogen zugeschickt werde, von denen ich den einen zurücksenden, den anderen hier behalten kann.

– Für Ihre Photographie, die micha sehr erfreut hat, sage ich Ihnen meinen herzlichsten Dank; ebenso schon im Voraus für die Mühe, welche Sie mit Beaufsichtigung des Tafeldruckes haben werden.

Freund Gegenbaur grüßt Sie herzlich, ebenso mit aufrichtiger Hochachtung

Ihr ganz ergebener

Haeckel ||

P.S. An die Gesellschaft und an ihren Secretär, Herrn van Nooten, habe ich gleichzeitig ein Dankschreiben geschickt.

Was den Preis selbst betrifft, so scheint es mir nach dem Programm der Preisfragen, daß ich die Wahl habe zwischen einer goldenen Medaille von 620 francs und zwischen dem gleichen Geldpreis in Silber. Ich möchte darum bitten, mir den Preis in Silber zukommen zu lassen, da ich bereits eine goldene Preismedaille besitze (von der Leopoldina Carolina für meine Radiolarien 1864 erhalten) und da ich andrerseits bei bevorstehender Vermehrung meiner Familie jeden Geldzuschuß sehr gut brauchen kann. Dies, verehrtester Herr College, in persönlichem Vertrauen! || Beifolgend übersende ich Ihnen unter Kreuzband ein paar kleinere Aufsätze, die Sie wahrscheinlich noch nicht besitzen; nämlich

1. Über fossile Medusen

2. Über Medusen von Nizza

3. Über Anatomie des Plexus choroides

4. Über Entstehung und Stammbaum des Menschengeschlechts

In aufrichtiger Verehrung

Ihr

Haeckel

a korr. aus: auch

 

Letter metadata

Recipient
Dating
10.07.1868
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
Rijksuniversiteit te Utrecht, Universiteitsmuseum
Signature
Harting-Archiv, 841
ID
32241