Ernst Mach an Ernst Haeckel, Wien, 25. September 1905

Hochgeehrter Herr College!

Ihr gütiges Anerbieten, mir Ihre Schrift über „Lebenswunder“ zukommen zu lassen, nehme ich mit herzlichem Dank an. Als Gegengabe werden Sie von meinem Verleger zugleich die eben erschienenea Schrift „Erkenntnis und Irrtum“ erhalten. Leider kann ich keine Widmung in das Buch schreiben, da meine rechte Hand seit 7 Jahren gelähmt und die linke für den kurzen Lebensrest nur mehr auf die Schreibmaschine eingeübt ist. Sie werden in „Erkenntnis und Irrtum“ manches finden, was Ihnen vielleicht nicht zusagen wird. Der Gegensatz gegen Ihr Streben ist aber gewiss nur ein scheinbarer, formaler. Es kommt schliesslich auf Eins hinaus, ob man vom Physischen oder vom Psychischen ausgeht, wenn man erkennt, dass beide identisch sind. Der Naturforscher hat in der Regel mehr Sympathie für den ersteren, der Philosoph für den zweiten Weg. Es gibt aber in beiden Lagern Köpfe, welche mit 24 Jahren aufgehört haben zu denken, und welche beide Wege ungangbar finden.

In aufrichtiger Verehrung

Wien 25/IX 05

Ihr ergebenster

Dr Ernst Mach

a handschriftl. ergänzt aus: erschiene

Brief Metadaten

ID
25918
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Österreich
Entstehungsland zeitgenössisch
Österreich
Datierung
25.09.1905
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
1
Umfang Blätter
1
Format
22,9 x 28,7 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 25918
Zitiervorlage
Mach, Ernst an Haeckel, Ernst; Wien; 25.09.1905; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_25918