Heidelberg, 12. Aug. 1874.
Liebster Freund!
Deine Mittheilungen über nothwendig gewordene Aenderungen Deiner Reisepläne lassen mich Dir mein aufrichtiges Bedauern ausdrücken mit dem Wunsche daß die von Frau und Sohn unternommene Badekur recht gut den beiden bekommen möge. Werde ich nunmehr schwerlich das Vergnügen haben Deine liebe Frau hier begrüßen zu können, so darf ich mich doch auf Dich freuen, und rechne darauf daß Du doch einige Tage hier weilen wirst. Daß ich Dir nicht gastlich entgegenkommen kann thut mir in der Seele leid, aber ich denke es soll das einzigemal sein daß Du bei einem Heidelberger Besuche nicht unter meinem Dache wohnst. || Meiner Frau geht es leidlich; ich denke zu Ende August wird die Katastrophe eintreten, von der ich sehnlichst wünsche, daß sie wie das erstemal gut ablaufen möge! Morgen reise ich mit Emma nach Würzburg, um dieselbe zu meiner Schwiegermutter zu bringen, dann werde ich vielleicht noch einen kleinen Abstecher machen, jedenfalls aber um die Zeit da ich Dich hier erwarten darf, hier sein. Ein für die a jüngsten Tage in Aussicht genommener Ausflug ist leider durch zu wechselvolles Wetter vereitelt worden. Hoffentlich stellt sich zu Deinem Besuche auch ein heiterer Himmel ein!
Zu Deinem buchhändlerischen Erfolge gratulire ich bestens! Die Schöpfungsgeschichte in Engelmanns Händen hätte Dir gewiß ein ansehnliches Capital erbracht, wenn Du es auch nicht gewollt hättest! Vivat Vetter Reimer! ||
Am 5.tn habe ich mein Semester geschlossen, und mit den letzten Prüfungen in vergangener Woche die Decanatsgeschäfte zur Ruhe gebracht, so daß ich hoffe für die noch kurze Zeit dieser Belastung den Druck derselben nicht mehr zu verspüren. Damit wäre dann das erste Heidelberger Jahr beendet, auf das ich trotz zahlreicher Anfechtungen, vielen Aergers, und auch mancher Sorge doch mit Befriedigung zurückblicke. Ich glaube das Schwerste überstanden, und auch überwunden zu haben, und Alles sich selbst zu schaffen, sich selbst zu wünschen, alle Hinderniße selbst zu besiegen, und das Errungene selbst zu behaupten, und fest zu halten, ist auch etwas werth.
Mit herzlichem Gruße
Dein
CG.
a Gestr.: J