Carl Gegenbaur an Ernst Haeckel, Montreux, 18. April 1863

Montreux, 18. April 63.

Lieber Freund!

Empfangen Sie vor Allem meinen besten Dank für Ihre freundlichen Zeilen deren Inhalt mich vielfach erfreut, und mehrfach überrascht hat. Von Schleidens Weggang hatte ich nichts gewußt, es gehörte die Nachricht davon zu den „freudigsten“ Ueberraschungen, und ich bin Ihnen für die Mittheilung ganz besonders dankbar. Ihren auf jenes Ereignis bezüglichen Rath vermag ich jedoch nicht zu folgen, da ich nur da zu antworten pflege, wo ich gefragt werde und mich selbst da nicht aufdringen möchte, wo das lebhafteste Intereße an der Sache es zu entschuldigen scheint. – Die Witterung hat uns bis jetzt auf angenehmste begünstigt und erst seit 2 Tagen haben Gewitter sich eingestellt und laßen einen baldigen Umschlag erwarten, den wir jedoch schwerlich hier erleben werden. Unsere Absicht geht dahin morgen von hier abzureisen, um dann künftigen Sonnabend, den 28ten, in Jena einzutreffen. Meine Frau freut sich sehr auf Jena, sehnt sich nach ihrem künftigen Hauswesen, und drängt deshalb zur Rückreise, womit ich gerne einverstanden bin. Montreux ist nach den verschiedensten Richtungen hin ausgenoßen, und dürfte nur couragirten Bergsteigern, zu denen ich mich seit langem nicht zählen darf, Neues bieten. Immer aber ist es ein reizender Aufenthaltsort, der allen die länger da weilten in freundlichster Erinnerung bleiben wird. Einen kleinen || Theil der Aussicht die wir von unserem Zimmer aus genoßen, zeigt beiliegendes Bildchen – die östliche Ecke des Genfer Sees –. Unter den herzlichsten Danksagungen für gehabte Mühewaltung bezüglich meiner Wohnung, darf ich Ihnen wohl noch einige kleine Wünsche vortragen: 1, möchte ich meine Aufwärterin wißen laßen daß sie noch am Freitag abzieht damit am Sonnabend, noch vor unserer Ankunft unser neues Dienstmädchen einziehe, und wir letztere sogleich vorfinden. 2, Laßen Sie gefälligst Riedt wißen daß ich am Sonnabend ankomme, mit der Bitte es meinem Dienstmädchen mitzutheilen. 3, Benachrichtigen Sie Helbig daß er für den Sonnabend uns seinen Wagen reserviert. Die Zeit unserer Ankunft in Apolda werde ich von Leipzig aus telegraphisch ihm mittheilen. Endlich 4, verzeihen Sie daß ich mit so mancherlei Dingen Sie belästigt habe. Grüßen Sie die Freunde bestens von mir, und seien Sie selbst nebst Frau Gemahlin von uns beiden herzlich begrüßt.

Auf baldiges Wiedersehen

Ihr

ergebener

Gegenbaur

Brief Metadaten

ID
9926
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Schweiz
Datierung
18.04.1863
Umfang Seiten
2
Umfang Blätter
1
Format
14,0 x 21,3 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 9926
Zitiervorlage
Gegenbaur, Carl an Haeckel, Ernst; Montreux; 18.04.1863; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_9926