Freudenberg, Ph...

Philipp Freudenberg an Ernst Haeckel; Colombo, 18. Juli 1881

Colombo 18 July 1881

Hochverehrter Herr Professor!

Gestatten Sie mir zunächst meiner aufrichtigen Freude Ausdruck zu geben über die Aussicht, eine der wissenschaftlichen Größen Deutschlands hier begrüßen zu dürfen und ich erbitte mir schon jetzt für den Fall, daß Sie nicht von unserem Gouverneur in Beschlag genommen werden das Vergnügen, Sie für die Dauer Ihres Aufenthaltes bei mir beherbergen zu können, wenn ich im November noch hier sein sollte, was nicht ganz sicher ist – leider!

Wir würden Ihnen ein paar Zimmer einräumen, in denen Sie sich ganz nach Belieben einrichten || könnten und andere Ansprüche als daß Sie uns zu den Mahlzeiten resp. Abends zum Diner Gesellschaft leisten, würden nicht gestellt werden. ‒

Um Mißverständnissen vorzubeugen, erwähne ich, daß diese Art der Gastfreiheit in Indien ganz üblich ist und keine Umstände macht, sondern sie ungenirt annehmen dürfen. Irgend Jemand fängt Sie doch, also können Sie sich es gleich von mir gefallen lassen. Ich werde Ihre Vorträge sofort zum zweiten Male zu studiren anfangen, um nicht als unmitigated savage vor Ihnen zu stehen. –

Die Geld-Angelegenheit ist höchst einfach. Sie lassen sich an der Deutschen Bank in Berlin, welche in London eine Filiale || hat, einen Credit-Brief ausstellen, den sie mitnehmen und mit Hülfe dieses Credit-Briefes können Sie bei jeder größeren Bank der Welt einen Wechsel auf London ziehen, der Ihnen zum Tagescourse abgekauft wird. Hier kann ich das für Sie besorgen. –

Officielle Empfehlungen der englischen Regierung werden gewiß nützlich sein, obgleich Ihr Name und eine Einführung von Seiten der deutschen Regierung Ihnen auch fremde Thür und Thor hier öffnen werden. Unsere officials sind sehr gefällig und haben bis jetzt mit der größten Bereitwilligkeit Alles gethan, was ich im Interesse der Berliner Gelehrten von Ihnen erbat. –

In wissenschaftlicher Beziehung finden Sie noch kaum bebautes Feld; || es ist erstaunlich, wie dieses an der großen Straße liegende Land jetzt von den Herren Gelehrten vernachlässigt worden ist und die Materialiensammlung Dilettanten überlassen, deren guter Wille den Mangel an Fachbildung nicht zu ersetzen vermag. –

Ich werde mich nun ein wenig umhören, um Ihnen bei Ankunft die Plätze bezeichnen zu können, die sich für Ihre Forschungen am Besten eignen und ohne Aufenthalt zu dem durch die event. Localitäten bedingten Vorbereitungen zu schreiten. ‒

In der angenehmen Erwartung Ihrer persönlichen Bekanntschaft verbleibe ich

mit Ergebenheit

Philipp Freudenberg

Herrn

Professor Ernst Haeckel

Jena

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
18.07.1881
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 9765
ID
9765