Basel
(Schweiz)
22n December 1900
Hochgeehrter Herr Professor,
Besten Dank für Ihren liebenswürdigen Brief aus Buitenzorg (Java) av. 20 November 1900, welchen ich am 20n December 1900 zu empfangen das Vergnügen hatte und für die herzlichen Glückwünsche zum bevorstehenden neuen Jahre 1901, welche ihn herrlich und fröhlichst umrahmten. – Der Empfang Ihres an mich aus Singapore gerichteten Briefes kann ich leider heute nicht bestätigen und habe über den Verbleib desselben im Basler Postamt die || nothwendigsten Recherchen anstellen lassen. –
Ich erwidere Ihre Glückwünsche z. n Jahre mit tiefem und warmem Herzen und hoffe, daß Sie mit Plankton-Schätzen beladen, den heimathlichen Boden gesund, glücklich und wohl erhalten für sich und Ihre Freunde im nächsten Frühjahr betreten werden. – Zur Bekämpfung Ihres Gelenk-Rheumatismus empfehle ich Ihnen Massage mit der Hand eines kräftigen Malayen und mein rühmlichst bekanntes Praeparat:
Ol. Oliv. – 40 gr
Antipyrin – 2 gr
Naphtal – 1 gr
Essen thym
}a. a. 3 gr
Essen rosmar
Essen terebenth 6 gr
Alcohol 95 % 9 gr
Im April 1901 werde ich wahrscheinlich in Frankfurt/Main im Frankfurter Hofe sein und werde mich freuen sie daselbst begrüßen zu können. –||
Ich danke Ihnen ferner für das Andenken durch Übersendung der Deutschen Rundschau, wo Ihre herrlichen Malayischen Reisebriefe veröffentlicht sind und den Stolz der Deutschen Literatur zur Schau tragen. – Auch die Absendung von 17 Kisten mit Korallensammlungen aus der Malacca-Strasse nach Jena beweisen mit welcher Liebe und mit welchem Eifer Sie sich Ihren Beschäftigungen hingeben. – Daher der Altmeister Goethe von solcher Persönlichkeit die schönen Worte in die Welt schickte:
„Freue Dich höchstes Geschöpf der Natur!
Du fühlst Dich fähig
Ihr den schönsten Gedanken, zu dem sie schaffend sich aufschwang
Nachzudenken.“ –
Goethe.||
Gleichzeitig erlaube ich mir Ihnen 4 Ausschnitte der Frankfurter Zeitung, welche Sie interessiren könnten, zu schicken mit der Hoffnung, daß bdieselben auch richtig in Ihre Hände gelangen. –
Wir haben stets nasses, nebliges und kaltes Wetter, so daß in Frankfurt viele Kranke an Erkältungsleiden darnieder liegen. –
Die politische und sociale Physiognomie der Gegenwart hat Goethe in seinen Epigrammen pag. 191 N. 56 u. N 57 am Trefflichsten geschildert. – Geben Sie sich die Mühe dasselbe in oben erwähnten Nummern cin Ihrem Büchlein abconterfeit nachzulesen. –
Ihnen das beste und glücklichste Wohlergehen im fernen Osten wünschend und die weiten Exkursionen nur bewaffnet zu unternehmen, zeichne ich mit herzlichen Grüssen und in unaufhörlicher Erinnerung an Sie
Hochachtungsvoll
Paul Ritter
Fräulein Kucera dankt für Ihr liebevolles Andenken u. läßt Sie herzlichst grüßen!d
Anbei 4 Zeitungsausschnittee
a eingef.: v. 20 November 1900; b eingef.: dieselben; c eingef.: in Ihrem Büchlein; d Nachsatz ("Fräulein […] grüßen!") vertikal auf S. 4 nachgetragen; e Nachtrag kopfüber auf S. 4 ergänzt