Paul von Ritter an Ernst Haeckel, Frankfurt a. M., 11. Mai 1892

Frankfurt/Main | Hôtel Drexel

11n Mai 1892./.

Hochgeehrter Herr Professor,

Ihre geehrte Zuschrift v. 9n Mai 1892 nebst Inhalt habe ich hier gestern richtig erhalten und mich gefreut zu erfahren, daß die Ihnen zugesandten ethnographischen Curiosa Ihnen ebenso viel ergötzliches Vergnügen verursacht haben wie dieselbe es mir gethan haben. – Damit ist aber a für unsere degenerirten Zeitgenossen der schlagendste Beweis geführt worden, || welche tiefe culturelle Stellung dieselben in der geistigen Entwickelung der Menschheit einnehmen. –

Ich danke Ihnen für die mir gütigst zugeschickten 2 Exemplare der Aula-Rede des Professor Dr. W. Kükenthal und bedaure von Herzen, daß unser lieber Freund, der um Jena hochverdiente Geheimrath Dr. Stichling nicht mehr unter den Lebenden weilt. –

Mit H. Professor R. Semon bin ich in regem Briefwechsel und gratulire Jena zu den wissenschaftlichen Errungenschaften dieses talentvollen jungen Gelehrten, welcher dem geheimnißvollen Schoße der Natur ihre wunderbaren, verborgenen Schätze entnimmt, um dieselben dem Verständnisse der Menschheit näher zu bringen. –

In dem eigenthümlichen Bau der Ceratodus-Flosse liegt ja der Schlüßel für die Theorie der Entstehung der Gliedmassen und in dem Körperbau der Monotremen der andere für die Theorie des Körperbaues ||der Wirbelthiere. – Welche ungeheuren Errungenschaften für die Wissenschaft, welche Triumphe für die Entwickelungslehre und welche Ehre für Sie in Jena! – Ich theile mit Ihnen und mit dem H. Professor Semon die volle, übereinstimmende Ansicht, den Aufenthalt in Australien zu diesem Zwecke zu verlängern und bestimme aus meinen Mitteln einen Beitrag von sechs Tausend RMk D. W. (6.000 RM), wovon ich mir erlaube drei Tausend RM sofort und die restirenden drei Tausend später und zwar vor meiner Winterreise zur Einzahlung zu bringen, aber unter der Bedingung, daß mein Beitrag nicht in die Öffentlichkeit gelange, da ich ohnedies viele unbefugte Neider und Verleumder habe. – Beiliegend erlaube ich mir die Copie des Wortlautes des französischen Briefes einzusenden, welchen ich heute an Hn. Ernst Flammarion, den || Verleger der Histoire naturelle populaire der BibliothekCamille Flammarion“ gerichtet habe. –

„Monsieur, ayant eu occasion de prendre connaissance de Vos belles livraisons d’histoire naturelle de la bibliothéque ‚Camille Flammarion‘, issues de vôtre institut bibliographique dans la diréction de M. Charles Brongniart, j’ai eu le plaisir d’apercevoir les portraits des hommes qui par leur talent ont puisament contribué au développement des sciences naturelle en France et à l’étranger. – A mon vif regret je n’ai pas trouvé le portrait du celèbre naturaliste de Jena M. le professeur Ernest Haeckel, qui par des traveaux classiques sur les protistes et ses decouvertes scientifiques de premier ordre mérite de partager la gloire des illustres devants qui embellissent Vôtre belle publication. –

Pour combler cette lacune je prends la liberté de Vous ci-joint la photographie de M. le Professeur Ernest Haeckel en supposant de Vous étes agréable. – Dans le cas contraire veuillez, Monsieur, avoir l’extreme obligeance de me la renvoyer par le premier courrier à l’adresse de: – M. le Docteur P. de Ritter, Hôtel Drexel, Francfort/Main et agréer avec mes salutions l’expression de mes civilitès distinguées.“ –

Ich habe die kleine Photographie und nicht das Medaillon eingeschickt. –

Mit herzlichen Grüssen und dem aufrichtigen Wunsche, daß es Ihnen und Ihrer lieben Familie dato wohl gehe u. der Bitte mich dem H. Curator Eggeling freundlichst empfehlen zu wollen, zeichne, – hochachtungsvoll

Paul Ritter

Brief Metadaten

ID
9322
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
11.05.1892
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,3 x 21,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 9322
Zitiervorlage
Ritter, Paul von an Haeckel, Ernst; Frankfurt am Main; 11.05.1892; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_9322