Paul von Ritter an Ernst Haeckel, Basel, 17. Juli 1890

Basel

Schärtlingasse 8

17r Juli 1890

Hochgeehrter Herr Professor,

Wenn spät so doch nicht minder herzlich erreicht Sie und alle lieben Freunde in Jena mein ganz ergebenster Dank für das am 9n Juli 90 im Hôtel z. schwarzen Bären für mich veranstaltete Festessen, welches ich durchaus nicht verdiente, da ich alle Ehren Ihnen und mir Nichts zu verdanken habe. – Mit beredtem Worte und geistiger Kraft tragen Sie das Panier der Zukunftsreligion|| und lassen Philosophen, Theologen und Juristen wie erbärmliche Espenblätter zittern. – Hinterlistige Freunde und ekelerregende Schmeichler erblickt man im Hintergrunde des Gemäldes und im Vordergrunde als Staffage das nunmehr wirkungslose Haupt der einst mächtigen Gorgonen. – Die Zeit ihres Regiments ist aber vorüber und Geibels Worte bringen ihre letzten Töne noch zum Schweigen:

„Sei still, wie Du auch frieren magst

O Herz, gieb Dich zufrieden,

Es kommt der große Maientag

Der ganzen Welt beschieden.“

Wie anders war nicht unsere gemüthliche Fahrt nach dem schönen Hummelshain wo wir unsere Ideen austauschten und für die Zukunft Pläne|| schmiedeten? – Im Anschluß daran erlaube ich mir Ihnen beifolgendes Päckchen mit diversen Drucksachen zuzuschicken und die Erklärung seines geschäftlichen Inhalts ohne weitere Umschweife überzugehen. –

1. Zuvörderst erhalten Sie den besprochenen, in vieler Beziehung für unseren Zweck mangelhaften Catalog von Felix Alcan in Paris, in welchem ich diejenigen Werke zu unterstreichen bitte, welche Sie zu erhalten wünschen. – Mit dem retournirten Catalog werde ich Ihnen die gewünschten Werke aus Paris zuschicken. –

2. das Programm zu einem archäologischen Werke von Francesco Orsoni über eine 2 Stunden von Bologna gelegene Grotte Ferneto,|| welche im Alluvialgebilde der Apenninen sich befindet und besonders dadurch interessant ist, dass die ausgegrabenen Hausgeräthe verschiedenen prähistorischen Generationen angehört haben. –

Vielleicht finden sich in Jena Zeichner auf dieses interessante archäologische Werk des H. Orsoni.

3. Eine ergebenste Bitte sich anknüpfend an mein gehabtes Gespräch mit S. K. H. dem Grossherzog von Weimar betreffend die zufällige Wanderung und Ansiedelung von Sachsen in Oberitalien. – In diesem aSinne wäre S. K. H. das Album: dei principali Costumi della Valsesia und die Guida storica e pittoresca della Valsesia zu übergeben, wo diese ethnographische Curiosität beschrieben ist. – Die Guida bitte ich dem Album entsprechend auf meine Kosten von einem geschickten Buchbinder roth binden zu lassen und S. K. H., als ein ehrergiebigstes Geschenk in meinem Namen, er erbeten zu übergeben. – Indem ich Ihre liebe Frau u. Fräulein Tochter sowie Hn. Staatsrath Eggeling nebst Familie zu grüßen bitte, – verbleibe ich, wie immer hochachtungsvoll und ehrerbietigst ergeben Ihr

Paul Ritterb

Fräulein Kucera hat mich beauftragt Ihnen die besten Grüße zu senden. –c

a eingef. Sinne b Schlußworte (verbleibe […] Ritter) vertikal am rechten Rand von S. 4 c Nachtrag vertikal am linken Rand von S. 4

Brief Metadaten

ID
9302
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Schweiz
Entstehungsland zeitgenössisch
Schweiz
Datierung
17.07.1890
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,4 x 20,7 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 9302
Zitiervorlage
Ritter, Paul von an Haeckel, Ernst; Basel; 17.07.1890; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_9302