Max, Gabriel

Gabriel von Max an Ernst Haeckel, München, 13. Februar 1894

München 13. 2. 94

Hochverehrtester Herr Professor!

Vor Allem meine herzlichsten Glückwünsche zum hohen Festtage den Sie begehen! Mögen Sie der einzigen wahren Wissenschaft, der Erkenntniß der Natur, noch lange, lange segenreich erhalten bleiben und möge sich das Andenken an den geistreichen Forscher erhalten bis zu jenen Wesen, welche dem Menschenthume folgen werden und welchen gestattet sein wird hinter die Oberfläche der Erscheinungen zu sehen und welche || sagen sollen: „Ein jeder forsche in seiner Art weiter, muthig wie Ernst Haeckel in Jena einst!“

Und nun, hochverehrtester Herr Professor lassen Sie mich danken für Ihre mich auszeichnende Sendung und die liebenswürdigen Zeilen dazu! Ihre schönen Illustrationen konnte ich gleich nach Ankunft einem Singhalesen, welcher bei mir zeichnet, zeigen; er erkannte so manche Stelle, die er selbst oft gesehen und meinte der Name Haeckel sei jedermann bekannt auf Cylon. Glücklich machte mich || Ihr Portrait, welches mich lebhaft erinnerte an die mir zu Theil gewordene Ehre Ihres leider so flüchtigen Besuches im vergangenen Sommer. Ihre zwei Werke habe ich mit tiefem Interesse wiederholt gelesen und sie in Einklang bringen können mit Riemannscher Weltanschauung.

Ihre gütige Aufforderung etwas von mir Gemaltes einzusenden, veranlaßte mich meine alten Entwürfe und Reconstruktionen vom Menschenaffen des obern Pliocän hervor zu suchen und in etwa ¾ natürl. Größe zu malen. Ich erlaube mir || diese Skizze Ihnen hochverehrtester Herr, zu Füßen zu legen, mit der Bitte es nicht übel zu deuten, wenn ich einigen meiner Folgerungen zu viel Spielraum gewährte. Wohl wäre viel dazu zu sagen, doch wäre es unbescheiden viele Worte darüber zu verlieren. Das einzige ethische, das sich anbringen ließ, ist die Thräne im Auge der Mutter, denn ich glaube faßt, daß Zuchtwahl und Kampf ums Dasein nicht genügten die Menschenpsyche zu erzeugen, es scheint mir vielmehr die Mutterliebe und Muttersorge eine wichtige Rolle dabei zu spielen. –

Sollte diese Skizze auch nur Heiterkeit bei Ihnen erregen, so oft Sie selbe ansehen, so hat sie schon einen Zweck erfüllt, den [!] Heiterkeit ist der Begleiter von Gesundheit und Zufriedenheit und diese zwei Faktoren wünsche ich Ihnen vom ganzen Herzen für die weitere Laufbahn Ihres Forscherlebens, welche noch recht lange ausfallen soll.||

Meinen Wünschen sich anschließend und mita Empfehlungen meiner Frau,

in tiefster Verehrung ergebenst

Gab. Max

a eingef.: mit

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
13.02.1894
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 9171
ID
9171