Nora Magnussen an Ernst Haeckel, Wyk, 9. März 1909
Nordseebad Wyk a/Föhr
Haus Friede, d. 9./III.09.
Sehr verehrter Herr Professor!
Verzeihen Sie gütigst, wenn ich mir noch einmal gestatte mich an Sie zu wenden. Leider ist es mir bis jetzt nicht gelungen, einen würdigen Platz für die einzelnen Teile des „Denkmals für Naturwissenschaft“ zu finden. Nun muß ich das Atelier zum 1ten April räumen, da ich es anderweitig vermietet habe, || und da mir kein anderer Platz zur Verfügung steht bleibt nichts Anderes übrig als die große Figur der Wahrheit zu zerstören. Wie bitter schmerzlich mir dies im Andenken an den Künstler wärea, können Sie hochverehrter Herr Professor vielleicht ein wenig ermessen; Sie wissen mit welcher Begeisterung und Liebe, mit welchem Fleiß und welchen Opfern Magnussen gerade an diesem Werk gearbeitet hat. Würde es Ihnen vielleicht möglich sein, irgend etwas zur Erhaltung der Arbeiten zu tun, wenn ich dieselben: (Die „Wahr-||heit“, die Büste von Ihnen selbst und von Lionardo) nach Jena schicken würde? Vielleicht kämen dann nach und nach doch die Mittel zum Ankauf zusammen; die Ansprüche würden natürlich so niedrig als möglich gestellt. –
Ich hoffe so sehr, hochverehrter Herr Professor, Sie zürnen mir nicht, wegen meiner Zudringlichkeit. Die Sorge um das Schicksal einer langjährigen, mühevollen Arbeit hat mir Mut gegeben, mich noch einmal an Sie zu wenden. Die beiden Büsten sind zur Zeit mit dem übrigen Nach-||laß in Hamburg ausgestellt und könnten von dort aus eventuell nach Jena geschickt werden. – Wenn Sie die große Güte haben wollen, mir zu antworten, so darf ich wohl um ein paar Zeilen hierher bitten, wo ich mich von schwerer Krankheit bei einem befreundeten Arzt einige Wochen erholen soll.
Mit hochachtungsvollstem Gruß
Ihre
sehr ergebene
Nora Magnussen.
a korr. aus: wären