Harro Magnussen an Ernst Haeckel, Berlin-Grunewald, 27. Februar 1902
Harro Magnussen Grunewald-Berlin, d 27 Feb. 1902
BildhauerDelbrück-Strasse 23.
Sehr geehrter lieber Herr Professor!
Es ist mir lieb zu hören daß sie Freude haben an meinem Bismarck, und daß er gut angekommen ist. Daß Sie erst später kommen ist mir Ihretwegen auch lieber, denn sie wären in eine unruhige Zeit hineingekommen dadurch das Anfang März gerade die großen Marmorfiguren für Görlitz verpackt werden. Auch ich kann mich noch besser vorbereiten für die wichtigen || Tage, in denen Sie mir sitzen wollen. Dem Kaiser hat übrigens vorgestern der Entwurf gut gefallen, (wie bis jetzt allen). Er zog eine Parallele zwischen Lionardo und Ihnen, beide haben gelitten unter der Geistlichkeit, „die Herren wollten früher und auch heute von Naturwissenschaften nichts hören, da striken sie.“
Ich habe heute Herrn Dr. von Ritter einen neuen Vorschlag gemacht, ich will Sie ganz aus Granit darstellen, in ein langes einfaches Gewand gehüllt das Arme und Beine nur ahnen läßt, unten wächst| die Figur mit dem Granitsockel, (wachsendes Gestein) zusammen und so will ich Ihren großen Gedanken die Entwicklung des organischen aus dem Unorganischen darstellen. Die Entwicklung des All gipfelt in ihrem Kopf, sie sind genau portraitähnlich, aber figurieren eigentlich als höchstentwickeltes Lebewesen. Am Sockel will ich die Masken von Goethe und Darwin in mächtigen Zügen in den Granit einhauen und unten spiegelt sich das Ganze in einem kleinen || See mit Seethieren. Nur so kann ich die Idee Haeckel (den Begriff Haeckel) verkörpern. Was meinen Sie dazu, Kostümfrage fällt weg Hosenfalten Länge der Weste Bergstock Hut Botanisierkapsel, alles ist von Übel. Je länger meine Nächte schlaflos sind, desto klarer wird das Bild und desto schwerer die Verantwortung die auf mir liegt, nicht die Person Haeckel sondern den Begriff Haeckel wiederzugeben.
Adio hochverehrertester lieber Herr Professor, wann bekomme ich die Terrainskizze.
Ihr ergebenster
Magnussen