Eduard Aigner an Ernst Haeckel, [München], 16. März 1907
Dr. Eduard Aigner
prakt. Arzt
München, Göthestraße 49
16. März 07.
Hochverehrter Herr Professor!
Ihr Jubiläum am 7. März scheint von allen Seiten freudig und festlich begangen worden zu sein und alle Ihre Anhänger haben sich überboten ihrer Anhänglichkeit und Liebe Ausdruck zu geben.
Ein Anhänger hinkt heute nach mit einem besonderen Geschenk es sind drei einfache Druckseiten. Die zweite derselben erblickte am Jubiläumstage das Licht der Welt als erstes Reis des Baumes des deutschen Monistenbundes oder als erstes Zeichena, daß der Bund nicht mehr gleichgültig genommen || werden kann.
Die Münchner Ortsgruppe, die stolz darauf ist, dieses Reis zum Sprechen gebracht zu haben, sendet es Ihnen als Jubiläumsgeschenk, hoffend, daß es Ihnen einige Freude mache.
Kein Wunder daß unser Name nun in aller Leute Mund ist die Mitgliederliste zeigt die Zahl 427. Gestern allein erfolgten 10 Neueintritte.
Der Prozeß Richter gegen Neueste Nachrichten ist neuerdings am Landgerichte zu Richters ungunsten entschieden worden. Unold, Siebert und ich fungirten als Zeugen und haben wir Richter gründlich abgeschüttelt.
Meine Gesundheit bessert || sich zusehends, 18 Pfund Gewichtszunahme bezeugen am besten wie sehr mir die Ruhe gut thut.
Anfang Mai wollen wir eine Sitzung in Jena einberufen. Ich für meinen Teil arbeite lieber an den schon etwas einheitlicher gestalteten Münchner Verhältnissen weiter, als daß ich den noch sehr verschiedenartigen Tendenzen des Centralausschusses meine leider noch nicht widerstandsfähige Gesundheit opfere.
Mit vorzüglicher Hochachtung
im Namen der Münchner Ortsgruppe
Ihr ergebenster
Dr. Aigner.
a korr. aus: Zeichnung