Hermann Allmers an Ernst Haeckel, Rechtenfleth, 17. Juli 1893

Rechtenfleth

d. 17 Jul 93

Herzliebster Freund

Du hast mir mit Deinem herrlichen Briefe eine geradezu unaussprechliche Freude bereitet und ich kann Dir nicht genug danken für Alles und Jedes darin, wie für den ganzen warmherzigen Ton desselben, der mir sogar das helle Wasser in die Augen trieb und noch heute beglückend in tiefster Seele in Einem fort nachklingt. Wie hat Italiens Süden a uns fürs Leben vereint, wie segne ich jene Zeit von der ersten Zaubernacht an, || die uns nach Ischia gebracht bis zum letzten Scheidegruße b vor Messina den ich Dir vom Dampfer und Du mir aus den blauen Wogen zuwinktest – welche Zeit voll Glück und Schönheit. ‒

Morgen kommt mein Genoß des ersten Halbjahrs in Italien mein Detlefsen für den ich zunächst meine Schlendertage schrieb und dazu gleich danach noch ein herzlieber römischer Mitschlendrer der Professor und Baurath Tiede genannt der letzte Grieche in Berlin. Wie wird das Bild der schönen Vergangenheit wieder herrlich vor uns aufleuchten. Es ist doch sehr nett daß ichs diesmal || durchgeholt habe, denn wisse vier volle schöne Frühlingswochen, den ganzen Junimond hatte mich das moderne Scheusal Influenza unter und zwar auf eine so scheußliche Weise, daß ichs noch jetzt nur zu sehr fühle, namentlich sehr matt in den Gliedern bin und Abends früh abfalle. Innerlich aber ist Alles wieder wie einst namentlich im Herzen und das ist doch die Hauptsache. Ob ich Deinem verlockenden Rufe c im Herbst folgen kann, vermag ich noch durchaus nicht zu bestimmen, so gern ichs thäte. ‒

Vor Allem aber freue ich mich auf Walters Vorhaben und knüpfe schon die herrlichsten Hoffnungen daran, ich bin nämlich so kühn mir einzubilden, || daß d sein täglicher Umgang mit mir wahrlich nicht ohne gute Folgen für seine schiefgewickelte Kunstrichtung sein soll und wäre er der Erste nicht dem ich den Kopf wieder gerade gesetzt hätte. In ein paar Tagen freilich kann das nicht geschehn, mindestens gehören Wochen dazu. Aber ich bin dann damit einverstanden, daß er meinem guten baumlangen Neffen und e Melchior f meinem Erben und schong jetzigen Inhaber meines Haus- und Hofwesens für diese Zeit ein billiges Pensionsgeld entrichtet, gleichwie ich selbst es thue (3 Mrk pro Tag). Also schreibe ihm nur, daß er bald komme. Nur darf er ja nicht ahnen, daß er hergeschickt wird damit er gründlich umgekrempelt werde. Und daß er brav und liebenswürdig ist versteht sich ja von selbst, weil er solche liebe Eltern hat und – solche Weihe empfing vomh i alten

Marschendichter

a gestr.: und vor Allem die; b gestr.: den; c gestr.: vor; d gestr.: ich; e gestr.: jetz; f gestr.: dem; g eingef.: schon; h korr. aus: von; i gestr.: Deinem

Brief Metadaten

ID
8718
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
17.07.1893
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,8 x 21,4 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 8718
Zitiervorlage
Allmers, Hermann an Haeckel, Ernst; Rechtenfleth (Weser); 17.07.1893; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_8718