Hermann Allmers an Ernst Haeckel, München, 21. Juni 1889
München 21/6 89
Herzlieber Haeckel.
Seit einigen Tagen denn wieder im lieben alten behaglichen Bier Athen und glücklich, daß ichs bin obwohl die zwei Monate jenseits der Alpen abermals ein so schönes reich erfülltes Stück Leben für mich bildeten, daß es mir ganz wie ein goldner Traum vorkommt. Das Giordano Brunofest bildete den Abschluß meiner römischen Tage. Es war für mich überwältigend. Zugleich das weihevolle und hochbedeutende Fest des Anbruchs einer a herrlichen nahen Zukunft ‒ und zugleich der großartigste entzückendste Studentenulk der seit Verbrennung der Bannbulle zu Wittenberg die jugendlichenb Herzen erfüllt hat. ‒ Leider brachte das schöne Fest noch für mich persönlich etwas sehr Ärgerliches nämlich den Verlust meiner Brieftasche mit Paßkarte, 300 M. Baarschaft und ‒ Kreditbrief. ‒ Alles Nähere mündlich bald in Jena. ‒ Eine Woche bleib ich noch hier, dann rasch nordwärts. ‒ Dein mir so theurer Name den ich in Rom an so vielen c Mauern las und von so vielen Lippen vernahm erfüllte mich stets mit so stolzer Freude, daß ichs Dir nicht beschreiben kann. ‒ Mit einem lieben prächtigen Kerl den ich gleichfalls zum Wahlneffen ernannt reiste ich bis hieher, von wo ihn ein Telegramm nach Berlin rief uns unsern künftigen Kaiser zu erziehn. Grüße mir Deine Lieben und bleib was Du bist
Deinem treuen H. A. ‒
a gestr.: neuen; b gestr.: gesehen ward; eingef.: jugendlichen; c gestr.: Ste