Franz Becker an Ernst Haeckel, Sierre, 26. April 1914
Bitte nicht hieher antworten, da bald verreist
(VALAIS SUISSE)
ATITUDE: 551 M (LIGNE DU SIMPLON)
GRAND HÔTEL CHÂTEAU BELLEVUE
CUVERT TOUTE L’ANNÉE
SIERRE, LE 26 April 1914
Hochgeehrter (und wenn Sie es mir nicht übel nehmen, sage ich auch)
Lieber Herr Professor,
Ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen danken soll, für die verschiedenen schönen Bücher und Hefte, welche Sie die Güte hatten, mir nach Seewen zu senden und welche mir hieher nachgesandt wurden und für Ihren so liebenswürdigen Brief. –
Ich kann Ihnen nur meinen || natürlichen und herzlichen Dank aussprechen und da mir, von verschiedenen Seiten schon gesagt worden ist, daß ich ein großes Herz habe, so ist mein Dank auch um so viel größer!
Besondern die „Generelle Morphologie“, in dem schönen Einband, hat mich gefreut, sowie auch die Schrift „Gott-Natur“, wovon ich mir ein paar Dutzend Exemplare kommen lassen werde, denn diese Schrift wird dem Monismus mehr nützen, als die meiste Hefte des „Monistischen Jahrhundert“, welche nur zu oft, langweilig, uninteressant und unzweckmäßig geschrieben sind. – Für die Propaganda eignen sich nur die allerwenigsten Hefte. – || Ich gebe aber gerne zu, daß einige Hefte wirklich lobenswerthe Ausnahmen gemacht haben. –
Da ich gerade bei der Propaganda bin, möchte ich Ihnen eine meiner Ideen darüber unterbreiten. –
In dem Monistischen Taschenkalender für 1914 sind verschiedene „Sprüche“ von Ihnen angeführt, welche ich, für die Propaganda als unübertrefflich erachte. – Nur sollten es mehr sein, aber 30/40 Sprüche über Monismus, Ethik etc. (sein). –
Ich würde dann dieselben als „Goldene Worte über den Monismus“ betiteln und auf einem vierseitigen Blatt, gediegen drucken lassen, mit womöglich Goldenen Initialen. –
Würden Sie die Güte haben || diese Zahl Sprüche für mich zusammenzustellen; Ich würde Ihnen selbstverständlich, eine Copie, vor dem definitiven Druck, zur Einsicht einsenden. –
Wenn es mir irgend möglich ist, komme ich diesen Sommer nach Jena, und werde mich dann beehren, Ihnen meine Aufwartung zu machen. – Es ist das ein längst gehegter Wunsch, wenn mir nur schließlich der Muth dazu, nicht fehlt!
In 2 Jahren bin ich nämlich auch schon 60 Jahre alt und in der letzten Zeit war ich nicht besonders wohl. – Mit nochmaligem Dank begrüße ich Sie, verehrter Herr Professor,
mit aller Hochachtung
Franz Becker