Beck, Gustav

Gustav Beck an Ernst Haeckel, Budapest, 8. März 1904

Budapest 8 März 1904.

Geehrter Herr Professor!

Verzeihen Sie mir gütigst die Störung. – Es ist, als ob mich eine unbewusste Pflicht dazu drängen würde Sie, verehrter Meister, um eine Aufklärung zu bitten.

Dass ich seit vielen, vielen Jahren der von Ihnen so glänzend erstrittenen Idee des Monismus huldige, wusste ich bis zu dem Augenblicke nicht, da ich mich in das Studium Ihrer Werke vertiefte.

Bis dahin war es ein dunkles Gefühl, welches ich mir schwer in Worten zurecht legen konnte; ein instinktives Auflehnen gegen gewisse bestehende konventionelle Lügen, die ich aus dem erwähnten Grunde nicht bekämpfen konnte.

Mir fehlte ein Mentor, der || mich aus dem Labyrinthe des finsteren Herumtappens herausführte und mir durch überzeugende Aufklärungen das Licht der Wahrheit vor Augen brachte, jener Wahrheit, die ich zwar fühlte, die mir jedoch durch Systemlosigkeit und durch viele unlogische Folgerungen nicht zum Bewusstsein gelangen konnte.

In Ihnen, geschätzter Meister, verehre ich meinen Mentor. Empfangen Sie den Dank eines Geringsten für Ihr Arbeiten.

Eines nur, nur Eines bestreitet mir den Genuß vollkommener Klarheit. – Es handelt sich um das Welträthsel: die Entstehung der Welt.

Könnte ich mich dazu belehren lassen, dass im Uranfange die Materie war, ein allerwinzigstes || Stäubchen – – , so wäre Alles erklärt. – Das kann ich mir eben nicht vorstellen, daß Etwas war. Woher war?! Das ist mir unbegreiflich!, unbegreiflich wie die Idee des unendlichen Raumes. Das sind also eigentlich zwei Dinge, die in mein Gehirnkastel nicht hinein wollen.

Wollten Sie mir, Meister, die nothwendige Belehrung bieten?

Mit Ergebenheit

Ihr

Gustav Beck

VII. Vörösmartyutca 19.

Budapest

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
08.03.1904
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 7727
ID
7727