Besser, Käthe

Käthe Besser an Ernst Haeckel, Bonn, 17. Juni 1908

Bonn 17.6.08 | Louisenstr. 36

Hochverehrter, lieber Herr Professor,

Entweder sind Sie mir böse, oder es geht Ihnen gesundheitlich nicht gut. Beides würde mich sehr traurig machen. Sie werden auch meine Klagen nicht gern hören und ihrer überdrüssig sein. Und dennoch ergreife ich noch einmal die Freundeshand mit der dringenden Bitte mir noch einmal zu helfen und zwar zum letzten Mal. Und auch nicht direkt, sondern indirekt. Es bedarf doch vielleicht nur einer Fürsprache Ihrerseits bei Ihren zahllosen Verbindungen, um mir aus der abscheulichen, schrecklichen Uebergangszeit zu helfen. Ich habe || ja endlich die Wohnung zum 1. July vermietet mit 1800 Mk Miete pro Jahr und somit fällt meine Haupt-Einnahme nicht mehr fort von da ab. Aber ihr Ausfall, wie die Rechnungen für die notwendigsten Haus-Reparaturen, die Ausgaben für den Todesfall, Alles kommt zusammen, mir die ganze Ruhe zu rauben. Wenn ich nur jetzt noch etwas Hülfe habe, dann hoffe ich mit einigen Pensionairen mich bestimmt durchs Leben zu winden. Und wer könnte Ihnen, verehrtester Herr Professor denn etwas abschlagen?! Sie haben doch in der ganzen Welt hochgestellte und reiche Freunde, die für die Wittwe eines zu idealistisch angelegten Freundes Ihnen gewiß Hülfe schicken würden. Ich denke || an Ihren Herzog, an Krupps etc. Nur ein paar Federstriche von Ihrer Hand und es wäre mir geholfen. Könnte ich Sie nur sprechen, ein halbes Stündchen, und Ihnen Alles sagen, was ich durchgemacht und was ich erfahren habe – dann würden Sie mir zu helfen versuchen! Ein Hoffnungsstrahl schimmerte mir, als neulich Lehmann-Hohenberg um das (14 Tage vor dema Tode vollendete) manuscript meines Mannes „Friede auf Erden“ bat. Aber es wird ebenso wenig einen Verleger als großen Absatz finden, wenngleich er selbst so große Hoffnung auf Erfolg setzte. Lehmann-Hohenberg schrieb, es rege sich jetzt überall. Wäre es wahr! –

Ob Sie wohl verreist sind, || ich vermute fast nach Ihrem geliebten Baden-Baden.

Noch eine Frage, könnte ich nicht einen Schuldschein, nach meinem Tode sofort von meinen Erben bezahlbar, schreiben?

Bitte, ziehen Sie Ihre gütige Hand nicht von mir ab! Sie ahnen nicht, wie lange ich mit mir kämpfte ehe ich mich zu diesem Briefe entschloß. Wie half mein Idealist und Optimist zu allen Zeiten, wie gab er so gern – und welch bittre Erfahrungen mußte ich machen.

Leben Sie wohl, und möchten Sie mit Ihrem Befinden stetige Besserung gefunden haben, das wünscht täglich in höchster Verehrung

Ihre dankbare

Frau Käte Besser

a korr. aus: seinem

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
17.06.1908
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7588
ID
7588