Käthe Besser an Ernst Haeckel, Bonn-Poppelsdorf, 30. April 1899

Bonn-Poppelsdorf 30.IV.99.

Verehrtester Herr Professor,

Wahrlich, ich hätte mir nie träumen lassen, daß Sie meiner jungen Riesin so viel Ihrer Zeit schenken würden und ganz beschämt ob Ihrer großen Güte und Liebenswürdigkeit, komme ich Ihnen heute herzlichst dafür zu danken. Sie hat mir viel von Ihnen erzählen müssen. Hoffentlich war Ihnen Else nicht lästig. Sie schwärmt noch von dem vergnügten Abend im Schlafwagen-Controleur. Das muß ja kostbarer Mumpitz gewesen sein, wo ein Witz den andern jagte. Wäre gern mit dabei gewesen! Lachen und Fahren ist gesund für die Nerven, sagt Mantegazza. ||

Da Ihnen das Wetter ziemlich gnädig war, werden Sie hoffentlich, auch in Berlin im schönen Thiergarten nach so langer Klausur etwas Ozon geschnappt und Erholung gefunden haben.

Auf Ihre freundliche Einladung nach Jena in Ihren letzten Zeilen zurückkommend, möchte ich Sie verehrtester Herr Professor, doch so sehr ich kann, bitten, zu uns an den Rhein zu kommen. Sie sollen es auch recht gemüthlich und ungenirt haben, das verspreche ich Ihnen. Mein lieber Alter kann wirklich nicht mehr reisen, er klagt so über seine Hüfte, und allein kann ich doch nicht kommen. Sie haben gewiß verehrter Herr Professor, einen || ganzen Sack voll schönster Reisepläne, zunächst wie ich hörte, Lenbach zu sitzen. Else hat mir versprochen nach vollendeter Lehre eine Copie mit Ihrer Erlaubniß zu machen.

Wo ich für meine rabiaten Nerven im Sommer hingehen werde, weiß ich noch nicht. In Thüringen giebt es auch diverse Sanatorien für Herzneurosen etc. Mein Ideal ist nun einmal die Schweiz. Vielleicht gehe ich wieder nach Arosa. Es wäre schön wenn wir uns wo träfen. Sie verrathen uns vielleicht später mal etwas von Ihren Reisen.

Ihr Herr Schwiegersohn ist Professor || geworden wir ich in der Zeitung las. Er scheint mir auch einsa von den Menschenkindern zu sein, die den Ring des Polykrates brauchen. Eine reizende Frau, Kinder, Wonnen, Stellung! –

Amüsirt habe ich mich über Ihr Fiasko in der Gedächtnißkirche. Der Küster sah den Ketzer sofort an Ihren Zügen. Sahen Sie denn unsern angebeteten Corsaren mit der Schnurrbartbinde nicht?

Nun Ade, verehrtester Freund. Am 11 Mai wird mein lieber Doktor 79 Jahre, vielleicht erfreuen Sie ihn mit einem Gruß! –

Stets in treuer Freundschaft

Ihre ergebene

Katus Melior.

a korr. aus: einer

Brief Metadaten

ID
7550
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
30.04.1899
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7550
Zitiervorlage
Besser, Käthe an Haeckel, Ernst; Bonn-Poppelsdorf; 30.04.1899; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_7550