Margarete Bothe an Ernst Haeckel, Kitzbühel, 18. Juli 1917

Kitzbühel am Jochberg | Schloß Kapsburg.| 18.7.17.

Mein liebster, bester Freund!

Vor allem will ich Ihnen herzlich und innig danken für die zwei mir so lieben Bücher und für Ihre liebe Karte. Wie nur freue ich mich, daß es Ihnen mein lieber Freund gesundheitlich gut geht was wird dies für ein schönes Wiedersehen sein. Wie ich mich darauf freue läßt sich schlecht beschreiben. – Das wirklich schöne Kitzbühel ist Ihnen wohl bekannt. Nun male ich mir aus wenn ich am Schwarzsee stehe oder auf einer hohen Alpe wie Sie es gesehen haben. Die Alpenrosen glühn jetzt in ihrer schönsten Röte und alles rundet sich zur Reife. Allerdings hat jetzt bei mir u. vielen anderen die Alpenhütten aufsuchen || einen Hintergedanken da giebt es noch so gute dicke Milch wie Sahne u. Butter u. Käse u. man nimmt Taback dafür mit u. ißt sich dann da oben wieder einmal rund. Obwohl hier die Verpflegung in Kitzbühel Hotel Tiefenbrunner recht gut ist, pro Tag 5 K. Es giebt Mittag Suppe, Fleisch, Gemüse, Mehlspeise, früh Kaffee u. Abends Suppe Fleisch u. Gemüse. Wie schön möchte es nur sein, wenn Sie liebster Freund hier sein möchten. So muß ich mich mit den kl. Bildern begnügen 5 x hängen Sie d.h. Ihr mir so liebes Bild in meinem Zimmer. Denken Sie nur liebster Freund der Oberstabsarzt von hier ein Böhme hat verboten als er sah die Schriften von Ihnen: „Erklärung Jena 18 August 14 Ernst Haeckel Berliner Zeitung.“

Ebenso die Universitäten des deutschen Reiches an die Universitäten des Auslandes.

Im Sept. 14.

Dagegen hat er einen Soldaten der einen kranken Arm hat u. nicht arbeitsfähig || ist eine schallende Ohrfeige verpaßt weil er sagte, er kann mit dem kranken Arm nicht arbeiten. – Hilfschwester sind schon 4–6 Wochen hier haben bis jetzt noch nicht einmal eine Waschgelegenheit nur einen Strohsack u Decke u. pro Tag 5. K. Die armen Wesen weinen alle vor Hunger. Da von 5 Ka sollen sie sich beköstigen u. alle anderen Auslagen decken. Dann hat der Generalstabsarzt von Barton den Befehl heraus gegeben die Schwestern sollen stehend die Herrn Offiziere vom Kommando u. Dr. zuerst auf der Straße begrüßen. Die besseren Damen sind empört und keine tut es natürlich. Was sagen Sie dazu? Diese Zustände sollte man in die Zeitung geben. Na und so vieles. Dies werden Sie zwar nicht lesen die Censurbehörde wird sich schämen u. alles schwarz machen wir neulich ein Brief von meiner lieben Mutter. Liebster Freund sollten Sie die „Lebenswunder“ liegen haben würden Sie mir damit eine riesen [!] Freude machen. Das [!] Ihnen mein Gedicht eine kl. Freude machte machte macht mich ganz glücklich. Ich gehe jetzt oft mit meiner Hilfsschwester in die Heidel u. Himbeeren u. koche für || die kranken Soldaten ein; hier sind meistens Fieberkranke und Erholungsbedürftige. Wie sieht es dort aus? Nun ich kann mir so ziemlich denken. Vor kurzem bekam ich etwas Mehl gesandt habe selbst Brot gemacht aber so viel Hungernde. Soeben kann man schwer satt machen. Nun sind Sie nicht zu fleißig, hoffentlich ist das Wetter dort gut! Hier mein Tischnachbar ein Herr Dr. Greiner mit Frau aus Wien ist ein großer Anhänger u. Verehrer von Ihnen u. so Häeckeln wir öfters. Wenn man Sie liebster Freund so so recht lobt, bin ich so stolz als ob ichs verdient hätte. Nun lachen Sie gewiß ihr herzliches frohes Lachen, daß [!] ich so gern höre u. mit einstimme. Ich bin ja auch so gern froh u. mache so gern froh doch jetzt leider ist es schwer. Nun bleiben Sie mir gesund froh u. heiter wie in alter Zeit. Ich küsse Sie liebster Freund in Dankbarkeit wie ich noch nie jemanden geküsst. In Liebe immer

Ihre Marg. Bothe.

Wenn es irgend Ihre Zeit erlaubt dann senden Sie mir ein Brieflein.

a eingef.: 5 K

Brief Metadaten

ID
6554
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Österreich
Entstehungsland zeitgenössisch
Österreich-Ungarn
Datierung
18.07.1917
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
16,0 x 21,5 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 6554
Zitiervorlage
Bothe, Margarete an Haeckel, Ernst; Kitzbühel; 18.07.1917; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_6554