Mein lieber, guter Herr Haeckel!
Nun ist Ihre so liebe Frau gestorben, es tut mir herzlich leid; aber da sie lange leiden mußte, ist es besser, daß sie ruhig schläft.
Ach! nun werden Sie sehr traurig sein und ich habe mich so lange auf sie lieber, guter Herr Haeckel gefreut.
Soll ich nun noch kommen?||
Ich kann nun im Juni reisen, und ist meine Freude Sie zu sehen schon riesengroß; aber nun??? Schreiben Sie mir ruhig wie Sie denken. Wie es Ihnen lieb ist, so soll es mir recht sein. Hier ist es jetzt so schön, ach so schön.
Alles blüht und duftet. Es sind sehr viel Verwundete hier, sie erholen sich hier || in kurzer Zeit schnell und gut.
Herzlich danke ich Ihnen für Ihren mir so lieben Brief. Nun ist das Wetter dort auch schön und die liebe Sonne läßt auch dort ihren Glanz leuchten, und erwärmt wieder die liebe Erde.
Vor ein paar Tagen war ich hoch oben im Schnee, Sonne und Schnee. Dies habe ich sgerne. Ich war über 3000 m hoch.||
Es ist eigen wenn man in ein paar Stunden, vom strengstem Winter, in den blühenden Frühling zieht.
Nun sind Sie nicht zu traurig, dies ist ja einmal der Lauf der Welt.
Ich sende Ihnen eine kleine Blume aus meinem Garten.
Ich grüße Sie so herzlich als ich kann und bleibe immer Ihre dankbare, ergebene
Marg. Bothe
Noch hoffe ich, und wage Ihnen zu zurufen Auf ein frohes Sehen.
a datiert nach der egh. Notiz Haeckels auf S. 1: Meran, April 1915