Mein lieber, lieber Herr Haeckel!
Endlich ist der Tag gekommen, auf welchen ich mich schon seit Wochen freue. Froh und schön soll dieser Geburtstag sein an dem ich Ihnen lieber Herr Haeckel alles Liebe und Gute zujubeln möchte, alles das wünschen, was man einen Menschen den man so liebt und hoch verehrt wünschen kann.
In welche Siegesreihe und Kampfesfreudige Zeit fällt er dieses mal. Es ist fast wie ein Sinnbild.
Voll Kampf war auch das Leben; aber Sieg auf Sieg folgte diesem freudigen Ringen und heute stehen Sie Lichtumflossen am 81. Geburtstage wie ein Menschengott unter uns Menschen.
Ihr Leben war und ist eines Helden und ganzen Mannes gewesen, wie ich mir einen deutschen Mann träume ./.
Ach, wie viele möchten nicht ein Ganzes sein und bleiben doch immer nur ein Halber. Gewiß, keiner von uns kann seiner Länge einen Zoll, geschweige eine Elle zusetzen; aber sein natürliches Maß ausfüllen wollen, seine Kraft vollständig in Anwendung bringen, die Dinge festen Blickes anschauen, und das Erkannte ganz und rückshaltlos aussprechen, das kann Jeder. in diesem Sinne ein Halbes zu sein ist Schwach. Wie wenige trachten ein Ganzes zu sein, obwohl es notwendig, Menschenpflicht ist.
Darum blicke ich auch zu Ihnen lieber Herr Haeckel voll und ganz empor, denn sie sind uns ein gutes Beispiel. Ihr Forschen und Denken ist das beste Erbe, was Sie uns einst zum Andenken lassen. Ihr Name wird wie ein Stern am Himmel leuchten jetzt und all den Kommenden.
O, gebe es einen Haeckel Frauenbund, wie gern möchte ich dabei sein, und mein ganzes Leben diesem Bunde widmen.||
Nun grüße ich Sie innig und herzlich und freue mich unendlich auf einen Brief von Ihnen und bleibe immer Ihre Sie so lieb habende, ergebene
Margarete Bothe Meran Villa Driburg.
An Haeckel!
O, heute will ich lustig sein,
Will trinken froh ein Glas von Wein,
All mein Leid will ich zerschlagen,
Lieder sollen klingen, niemals Klagen.
Dich mein Haeckel und der Erde Lust,
Trotz ich all den Teufeln in der Brust.
Ich dein Lehrling, du mein Meister
Vor dir fliegen alle Lügengeister,
Bricht auch die dunkelste Nacht herein,
Ringen mit mir auch böse Gespenster, ich lache Dein.
Sie erklären mir deinen Becher voll entsetzen,
Daß ich niemals soll daran letzen,
Ach, ich bin schon längst auf Deines Stromes Grund,
Und fühle mich dabei so fröhlich und gesund.
M. Bothe.||
Haeckel!
Haeckel du wohnst nicht außer mir,
Du schlummerst tief, tief in mir. Nur ein Entschluss
Des edlen Geistes, seiner wert und groß und gut zu sein.
Und jähling wächst Du auf. O, Du wie nenn ich dich?
Du Menschengott, Du viel u. hoch Verehrter! Klug
Nennen Dich die Weisen, ich vergehe, grüße und liebe dich.
M. Bothe
Haeckel als Sonne gedacht!
Der Sonne gleichst Du ungeteilt, Du glühst!
Und zündend Du Deine Strahlen sprühst!
Dein Herz, an ew’ger Liebe reich,
Es ist Dein Herz der Sonne gleich,
Der hohen Strahlenspenderin
Die ob sie gleich Verschwenderin
Mit ihrem Licht und Glanz
Doch immer schön und ganz.
So bist auch Du mein Haeckel, für Menschenglück
Gabst Du Dein Herz, Stück für Stück
Für aufgeklärte Menschen Leben
Hast du Dein Forschen und Denken hingegeben.
M. Bothe