Bose, Carl August Graf

Carl August Graf Bose an Ernst Haeckel, Baden-Baden, 17. Mai 1887

Baden d. 17 Mai | 1887

Hochgeehrter Herr Professor!

Nachdem ich Ihr liebenswürdiges Lebenszeichen aus Jerusalem Cypern und Rhodos erhalten, bekam ich gestern Ihre so reiche Sendung aus Jena. – Ich war schon recht beunruhigt über Ihr längeres Ausbleiben, da ich umsonst in der Zeitung nach Ihrem Eintreffen gesucht hatte und bin sehr froh, Sie wieder gesund bei den Ihrigen zu wissen. – Bei mir geht es in alter Weise und zwar, wie gerade heute recht schlecht. Schwächegefühl, Athemnoth || und Hustenanfälle streiten sich um mich als ihre Beute, aber das Klagen nützt ja nichts.

Ihr Rosenkranz aus Jerusalem, die interessanten Dredge-Resultate vom Challenger, die Flora des Heiligen Landes und die Broschüren von Ihnen und die Hertwigschen werde ich, soviel es meine leider recht schwachen Augen erlauben, genießen. Meiner Schwester die sich auch nicht wohl befindet und öfters an Schwindel leidet, sandte ich sogleich Ihren Brief und die schöne, originelle Spange mit den wunderbaren orientalischen Farben. – Dr Weinland ist noch immer nach Jahresfrist bei sich in Hohen Wittlingen || menschenscheu und trübsinnig und wird vermuthlich der nöthigen Energie ermangeln sich daraus zu reißen. – Unser guter Gribi hat am 26 April seine alte Mutter verloren und steht nun ganz allein in der Welt und dauert mich sehr; vielleicht kommt er in diesen Tagen auf kurze Zeit zu mir herüber. –

Ihr lieber Brief hat mich sehr interessirt und manche Illusion zerstreut z. B. über das Klima vom Damaskus was ich mir ganz tropisch dachte. Die 2 Fuß breite Meduse hätte ich gern gesehen, aber mich nicht dieser Akalephe brennen lassen. Neulich kam Herr von Schröder aus Neapel || zurück, wo er im zoologischen Institut von Dohrn gearbeitet hatte, (physiologisch-chemisch) namentlich bezüglich auf Haifische. Ich erhielt durch ihn viele höchst interessante Präparate des Instituts, ganz wunderbar conservirt, die zartesten Thiere wie Quallen mit Haar Polypen, Pterotrachea, Carinaria, Pyrosoma u. s. w. als ob sie lebten. –

Leben Sie wohl, hochgeehrter Herr Professor, die Aussicht, Sie nach Ihrer Sommerreise hier zu sehen, ist mir sehr angenehm. Verzeihen Sie meine schlechte Schrift, Schreiben ist für mich geistige und physische Anstrengung. – Mit bestem Dank, Ihr ergebener mit Hochachtung und Freundschaft

Graf Bose

Dr. H.

Viele Grüße und Dank von meiner Schwestera leider nichtb [ ]

a Text weiter am oberen Rand von Seite 4, entgegengesetzt zur Schreibrichtung: Viele … Schwester; b Text weiter am rechten Rand von Seite 4 von unten nach oben: leider nicht [Textverlust]

 

Briefdaten

Empfänger
Datierung
17.05.1887
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 6485
ID
6485