Dietrich Brandis an Ernst Haeckel, Rangoon, 20. Juni 1860

Rangoon 20t Juni [1860]

Wenn ein junger Naturforscher sich entschließen könnte, mein Assistent zu werden, so könnte er jetzt auf einem von Mr Greens Schiffen als Mentor seines Sohnes, a den er nach Indien schicken und nicht gern allein reisen lassen will, b die Hinreise frei machen. – Höchst wünschenswerth wäre es, wenn der Betreffende ein Arzt wäre, und nothwendig ist, daß er vorher das Birmännische Fach-Culturverfahren bei diesem selbst, der Oberförster in der Gegend von Aachen ist, kennen lernt. Doch dazu genügen 2–3 Monate die er am besten auf einer Reise in die Birmannischen || Forsten und dann entweder nach Würtemberg od. nach Schlesien, dem Harz oder dem Thüringer Wald verwendet. Greens Mentor wird auf d. Reise vortreffliche Gelegenheit haben, sich in englisch schreiben zu üben, denn es versteht sich von selbst, daß meine Assistenten im Stande sein müssen, wenn auch nicht elegante, so doch correcte engl. Dienst-Briefe zu schreiben, was sehr leicht ist. Je mehr Eifer u. Instrumente er mitnehmen kann, desto besser: was er selbst nicht mit bringen kann, das kann Green auf seinen Schiffen leicht versenden, aber er muß alles selbst nach London mit nehmen; Eine Kiste darf er mitnehmen od. schicken, die nicht vollständig mit Blech ausgeschlagen ist. || Jetzt habe ich nur 2 Assistenten Stellen, eine zu 200 die andre zu 220 Ruppies monatlich was nicht viel ist (1 Ruppie etwa 2 Shilling), aber in 6 Monaten hoffe ich 3 zu haben zu 250, 300, 350, u. wenn die Sepoys nicht ganz Indien verbrennen, was ich nicht glaube, so wird die Carriere für Forstleute eine sehr gute werden. Schon jetzt ist ein Conservator of Forest in Bombay, Südindien, Nordwest, Maelmain, also 4 Außer mir, die alle Assistenten à 3–400 haben u. deren Stellung v. 600–1000 variiren, so daß die Aussicht nicht übel ist. Sollte er aber wünschen, nach ein Paar Jahren zurück zu kehren, so schützt ihn schon der jetzige Gehalt vor Mangel, und gestattet ihm jährlich mindestens 500 R. zurück zu legen, so daß auch für die Rückreise gesorgt ist. − || Da meine Assistenten den größten Theil des Jahres auf d. Reise sind, so beziehen sie ausser dem 3/10 des Gehalts als travel allowance.

Eins muß der Betreffende bedenken, daß er nicht viel zu organisiren hat, sondern Alles fertig findet und also Zeit und Ruhe zum wissenschaftl. Arbeiten übrig hat, 2 daß er keine pecuniüäre Verantwortlichkeit übernimmt, die für mich sehr groß ist. Ein Katholik darf es nicht sein, denn die bilden hier eine Klique, der er nicht entgehen würde. – Wissenschaftliches Interesse muß ein Jeder verfolgen, der hierher kommt, sonst geht er unter. Herz und Kopf muß er auf dem rechten Fleck haben, und drei Dinge nicht verlieren: Muth, Geduld und Besonnenheit. −

a gestr.: die See; b gestr.: frei machen

Brief Metadaten

ID
6235
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Rangoon
Entstehungsland aktuell
Myanmar (früher Birma)
Entstehungsland zeitgenössisch
British Empire
Datierung
20.06.1860
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,1 x 22,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 6235
Zitiervorlage
Brandis, Dietrich an Haeckel, Ernst; Rangoon; 20.06.1860; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_6235