Wilhelm Breitenbach an Ernst Haeckel, Brackwede, 5. März 1914
NEUE WELTANSCHAUUNG
MONATSSCHRIFT FÜR KULTURFORTSCHRITT…
AUF NATURWISSENSCHAFTLICHER GRUNDLAGE
REDAKTION: DR. W. BREITENBACH, BRACKWEDE I. W.
BRACKWEDE, 5.3.14
Sehr geehrter Herr Professor!
Besten Dank über die Aufklärung über den Abdruck der Wiener Adresse im Bielefelder
General-Anzeiger. Ich hatte mir die Sache so ähnlich gedacht.
Daß Sie eine so ungeheure Menge freundlicher Kundgebungen erhalten haben, muß Sie doch mit großer Freude und Genugtuung erfüllen, selbst der über Ihrem Haupte schwebende Adel wird Ihnen, wie ich Sie kenne, vielen Spaß gemacht haben. Ich verstehe sehr wohl, daß Sie nun eine Art Grauen vor der Ihnen durch alle die Gratulationen etc. aufgebürdete Arbeit erfaßt. Benutzen Sie nur fleißig das gedruckte Dankschreiben, dann werden || Sie nach und nach auch diesen Berg bewältigen, wie Sie schon so viele in Ihrem Leben bezwungen haben.
Das „Bilderbuch“ Ihres Herrn Sohnes habe ich für die Redaktion der N. W. A. erhalten.
Wenn Sie aber noch eins für mich persönlich mit Ihrer Widmung übrig haben, würde ich mich sehr freuen. Einige der Bilder des Buches waren mir noch unbekannt und ergänzen so meine Sammlung. Augenblicklich habe ich eine Auswahl der neuesten Aufnahmen des Ateliers Bischof vor mir liegen. Ich möchte mir zwei davon auswählen und hätte gern unter diese Ihren Namenszug mit dem Datum des 16. Febr. 1914 gesetzt. Eines der Bilder soll für mein Arbeitszimmer sein, eines will meine Frau in ihr Zimmer stellen. Vielleicht darf ich Ihnen die zwei gewählten Photographien || in den nächsten Tagen schicken.
Die Festschrift, die Dr. Schmidt herausgegeben hat, habe ich noch nicht erhalten. Wie Sie
gesehen haben werden, enthält sie auch einen Beitrag von mir.
Daß Prof. Maurer, nicht Prof. Plate ( als Ihr unmittelbarer Nachfolger) die offizielle Festrede in Jena gehalten hat, wie ich in den Zeitungen las, ist natürlich vielfach aufgefallen. Wer aber die Jenenser Verhältnisse kennt, wird das leicht verstehen. Wissen aber möchte ich wohl, ob denn Plate wenigstens im Kolleg des Tages gedacht und eine entsprechende Ansprache gehalten hat.
Daß das berühmte „Gehirn der Welt“, die „Brücke“ von Prof. W. Ostwald, in den letzten Zügen liegt, haben Sie gewiß gelesen. Ich habe || niemals an die Lebensfähigkeit dieses
merkwürdigen „Gehirns“ geglaubt. Das viele dafür ausgegebene Geld hätte man besser
anlegen können.
Mit den besten Grüßen
Ihr treu ergebener
Dr. W. Breitenbach