Theodor Gottfried von Stichling (Staatsministerium zu Weimar) an Ernst Haeckel, Weimar, 3. Juli 1880
In der Anlage wird dem Director der zoologischen Anstalten Herrn Professor Dr. Häckel zu Jena eine Abschrift der mit dem Architekten Timler in Jena wegen Fertigung der Vorarbeiten für den Bau eines zoologischen Anstaltsgebäudes vereinbarten Vertragsbestimmungen nebst Abschrift des von dem unterzeichneten Staats-Ministerium vorläufig festgestellten Bauprogramms zur Kenntnißnahme zugefertigt.
Weimar, den 3. Juli 1880.
Großherzoglich Sächsisches Staats-Ministerium,
Departement des Großherzoglichen Hauses und des Cultus.
Stichling
An | den Director der zoologischen | Anstalten | Herrn Professor Dr. Häckel | zu | Jena.
Hierzu: 2 Abschriften.
[Beilage 1: Bauprogramm]
Abschrift.
Programm
für die Anfertigung eines Projects und Kostenanschlags zu dem Neubau eines zoologischen Instituts zu Jena.
In dem Garten des vormals Döbereinerschen Wohnhauses zu Jena wird der Neubau eines zoologischen Instituts mit möglichst geringem Aufwande unter Berücksichtigung folgender Punkte auszuführen beabsichtigt:
1.) Anstelle der jetzt vorhandenen, mit a, a, a auf anliegend beigefügten Situationsplan bezeichneten Fußpassage, ist eine 10 m breite Straße und von dieser abwärts bis zur Neugasse eine 7 Meter breite Straße mit den erforderlichen Böschungen anzunehmen. Das Längengefälle dieses Straßenzuges, wofür die Genehmigung der betreffenden Behörden noch zurücksteht, ist in der beigefügten Profilzeichnung mit gelber Linie dargestellt.
2.) Zum Zweck der Fixierung des Bauplatzes für die Errichtung des Institutsgebäudes ist dasselbe in einer Entfernung || von 6 Meter hinter der Flußlinie der künftig zu eröffnenden Straße (Schillerstraße) und parallel mit derselben, außerdem so weit als möglich von der im Plane mit rother Farbe angedeuteten Grenzlinie M, m, abgerückt, aufzuführen, wonach dem p. p. 28 m langen u. 14 m tiefen Gebäude, mit Rücksicht auf die von der Stadtgemeinde Jena projectirte Straße b b mit den dafür erforderlichen Böschungen, die im Plane mit o, o, o, o bezeichnete Stellung zu geben sein wird.
Das dem zukünftigen Bau umgebende Areal des Döbereinerschen Gartens ist vorläufig nach Norden hin bis zu der Linie m, mʼ, nach Osten hin bis zu der Linie m”, m” des Planes als für das zoologische Institut bestimmt anzunehmen.
3.) Der Parterre-Fußboden des Gebäudes muß mindestens 0,5 M. höher gelegt werden, als || die Krone der künftig zu eröffnenden Schillerstraße festgestellt werden wird, damit noch eine Entwässerung längs der nach Westen gelegenen Front des neuen Gebäudes möglich ist.
4.) Der Zugang zum Bauplatz soll zunächst und bis zu Eröffnung des projectirten Straßenzuges durch die vorhandene Fußpassage a, a, a so wie durch eine von der Neugasse neu anzulegende Fußpassage mit den nöthigen Treppenstufen vermittelt werden.
5.) Zur Ableitung des Wassers vom Gebäude ist rings um dasselbe ein gepflastertes Trottoir von 1,5 M. Breite anzunehmen.
6.) Die Anlagen für die unentbehrliche Wasserzu- und Ableitung sind bei Projectirung und Veranschlagung nicht außer Acht zu lassen. ||
7.) Ebenso sind die auf das geringste Maß zurückzuführenden Gartenanlagen sowie die etwa unentbehrlichen Umfriedigungen zu berücksichtigen, während von Anlage einer Gaseinrichtung abgesehen werden kann.
8.) Desgleichen ist auf die correcte Anlage eines Blitzableiters zu rücksichtigen.
9.) Die durch den Neubau zu beschaffenden Räume sind die folgenden:
A.) im Erdgeschoß.
a.) Ein Auditorium für 80 bis 90 Zuhörer unter dem großen Laboratorium in der Nordost-Ecke des Erdgeschosses, 10,50 m lang, 7,50 m tief. In demselben ist die Eintheilung des Sitzbezirkes und der Gänge zu bezeichnen.
b.) 5 große zusammenhängende Sammlungsräume jeder Rauma 5,20 m tief, 5 m lang. Der Zugang für die Schüler und das Publikum ist durch eine Thür vom Flur || und eine 2te Thür vom Auditorium aus zu vermitteln. Nöthigenfalls ist noch eine 3te Thür zulässig.
c.) Eine Dienerwohnung, bestehend aus drei einfenstrigen Pieçen, Wohnstube, Schlafstube und Küche, und zwar die Wohnstube zunächst am Eingang des Gebäudes gelegen, so daß sie zugleich als Portierloge dient.
Anmerkung. Die lichte Höhe des Erdgeschosses ist zu 3,60 m anzunehmen und dabei der Fußboden im Auditorium um 0,40 m tiefer zu legen.
B. In der Etage.
a.) Ein Laboratorium über dem Auditorium und von derselben Größe.
b.) Ein kleines Laboratorium neben dem unter a) also an der Nordwestecke.
Anmerkung. Beide Laboratorien müssen viel Fenster, fast Atelier-Licht erhalten.
c.) Ein Zimmer für Chemikalien. ||
d.) Ein Archivzimmer (nicht feuerfest herzustellen.)
e.) Zwei einfenstrige Zimmer für den Assistenten und die Studenten.
f.) Ein Zimmer für den Director an der Südost-Ecke und daranstoßend ein kleines Bibliothekszimmer.
g.) Ein Arbeitszimmer der Docenten an der Südwest-Ecke.
h.) Ein kleines Vorzimmer zwischen dem Zimmer des Directors und der Docenten.
Anmerkung. Die lichte Höhe der Etage ist zu 3,50 m anzunehmen.
C.) Im Allgemeinen.
a.) Die nöthigen Kellerräume unter der vorderen Hälfte des Gebäudes zur Unterbringung einer Waschküche, eines Kohlen- und Holzgelasses und eines kleinen Aquariums für die Süßwasser- und Seewasser-Behälter.
b.) Ein im Lichten 2,25 m hoher Bodenraum zur Unterbringung von Vorräthen u. Sammlungen, auf deren stetigen Wachsthum Bedacht zu nehmen ist. ||
c.) Die entsprechenden Aborts und Pissoir-Anlagen im Erdgeschoss und der Etage, nach dem Heidelberger Tonnensystem.
d.) Die erforderlichen Hilfsräume für die Treppenanlage und Corridore, welche letztere soviel als möglich zu beschränken sind.
10.) Mit Rücksicht darauf, daß der Bauaufwand den Betrag von 40000 M. nicht überschreiten darf, ist hauptsächlich zu beachten, daß der Bau zweckmäßig, solid und mit möglichst geringem Aufwande ausgeführt werden kann. Die Rücksichten auf Schönheit sind dabei nicht aus dem Auge zu verlieren, jedoch dem Finanzpunkt unterzuordnen, welcher selbst bei Bemessung der Grenzen, bis zu welchen die Anforderungen rücksichtlich der Dauer zu stellen sind, wesentlich maßgebend sein muß. Demgemäß ist die || Modalität der Ausführung der Arbeiten, Constructionen und der dazu erforderlichen Materialien jedoch unter nachstehenden Beschränkungen zu wählen:
1.) Die Umfassungsmauern des Erdgeschosses und der Etage sind massiv aus Backsteinen, die des Dachgeschosses aus Holz mit Backstein-Vorlage, der Sockel von Bruchsteinen aus Muschelkalk herzustellen.
2.) Zur Einlegung des Daches soll nicht der Holzcement, sondern Wellenblech von Zink [Stärke] 12 oder die glatte Zinkeindeckung mit Leisten aus Zink [Stärke] 11 angewendet werden.
3.) Eine massive Treppenanlage mit Granitstufen ist zur Schonung der Kosten nicht, sondern nur eine Treppe mit Stufen aus Eichenholz anzunehmen.
4.) Für die Projectirung der Façaden sind Greppiner oder andere dergleichen Ver-||blendsteine in hübscher heller Färbung mit sparsamer Anwendung von Sandstein für die Architekturtheile und einer Ausfugung in Cement anzunehmen. Sollte sich jedoch hierbei herausstellen, daß die Bedarfssumme wesentlich höher als 40000 Mark zu stehen kommt, so sind alsbald folgende Reductionen des Projects und Anschlags vorzunehmen.:
1.) Die Umfassungswände der Etage sowie des Dachgeschosses sind aus Holz zu construiren und mit einer Vorlage aus Backsteinen herzustellen.
2.) Der Dachboden ist ohne Drempelwände mit steilem Dach zur Eindeckung mit französischen Falzziegeln zu construiren. Nach vorstehendem Programm ist das vollständige Project, welches nicht allein dem Revisor eine gründliche Einsicht in alle Theile und wesentlichen Verhältnisse des Baus gewährt, || sondern auch hauptsächlich als Richtschnur für die Ausführung dienen kann, in den generellen Bauzeichnungen (Grundrisse, Aufrisse, Durchschnitte, Situations- und Nivellements-Zeichnungen) dem Spezial-Kostenanschlage und dem Erläuterungsbericht, unter Beachtung der vom Preussischen Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten unterm 26. Mai 1871 erlassenen Instruktionen (abgedruckt in der Erbkamschen Bauzeitung, Jahrgang XXI Heft VIII bis X 1871), zu bearbeiten und rechtzeitig abzuliefern.
Weimar den 29. Juni 1880.
Großherzoglich Sächsisches Staatsministerium,
Departement des Großherzoglichen Hauses u. des Cultus.
[Beilage 2, Vertrag]
Abschrift
Vertrag über Fertigung der Vorarbeiten für den
Bau eines zoologischen Anstandsgebäudes in Jena.
Zwischen
dem Großherzoglich Sächsischen Staatsministerium Departement des Großherzoglichen Hauses und des Cultus einerseits
und
dem Architekten und Maurermeister Timler zu Jena andererseits
ist nachstehender Vertrag geschlossen worden:
1.
Der p. Timler übernimmt die Ausfertigung der Vorarbeiten (Entwurf, Kostenanschlag und Erläuterungsbericht) zu dem Bau eines zoologischen Instituts in Jena nach Maßgabe des anliegenden, durch die beiderseitigen Unterschriften anerkannten Programmes und zwar inb gründlicher, gediegener, gewissenhafter und vollständiger Ausführung. Wesentliche Abweichungen vom Programm sind nur mit schriftlicher Ermächtigung zulässig.
2.
Die Anfertigung dieser Arbeiten umfaßt: ||
a) die Reinzeichnungen zu dem Bau
b) den Kostenanschlag incl. der Materialien-Berechnung
c) den Erläuterungsbericht.
Skizzen, Arbeitsberichte und Details sowie Copien von den Reinzeichnungen werden nicht verlangt.
3.
Der p. Timler verpflichtet sich bei Ausarbeitung des Projects unter Vorlegung des in Bleilinien ausgearbeiteten Entwurfs, öfter Rücksprache mit dem Großherzoglichen Oberbaudirector zu nehmen, damit er mit demselben den Entwurf, bevor derselbe in Tusche ausgezogen wird, festsetzen kann.
4.
Die Ablieferung sämtlicher übernommenen Arbeiten muß spätestens innerhalb 3 Monat erfolgt sein, zu welchen Behufe die in Bleilinien ausgearbeiteten Baupläne innerhalb 1½ Monat vorzulegen sind.
5.
Als Honorar zahlt das Großherzogliche Staatsministerium dem p. Timler
a) 1,5 Procent von der Anschlagssumme bis zu dem Betrage von 45000 M.
b) 9 M. für jeden Tag à 7 Arbeitsstunden bei Anfertigung des Erläuterungsberichts oder einzelner besonders || verlangter Arbeiten in oder außer dem Hause.
c) An Reisekosten bei Vorlegung der Baupläne zur Besprechung mit dem Großherzoglichen Oberbaudirector sind die baaren Auslagen, wobei die Zehrungskosten pro Tag mit 7,50 M., pro Nacht mit 4,50 M. berechnet werden dürfen, anzusetzen.
Die Auszahlung des Honorars erfolgt 14 Tage nach Ablieferung sämmtlicher Arbeiten auf Attest des Großherzoglichen Oberbaudirectors.
Dieser Vertrag ist in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgefertigt und von beiden Theilen vollzogen worden.
Weimar, den 29. Juni 1880
Großherzoglich Sächsisches Staatsministerium,
Departement des Großherzoglichen Hauses und des Cultus.
a eingef.: jeder Raum; b eingef.: in