Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, [Berlin], 2. Juli [1865]

2/7

Mein lieber Herzens Ernst!

Tausend Dank für den lieben Brief und guten Wünsche zu meinem Geburtstag. Dankbar wollen wir das Gute, was uns zu Theil wird, hinnehmen, und uns alle Mühe geben auch mit Ergebung und Standhaftigkeit das schwere Leid zu tragen, was uns das Leben bereitet. Wohl kann ich mir denken, wie es Dir jetzt, im schönen Sommer, wieder oft schwer wird, Dich zu finden in dem Entbehren; geht mir es doch auch so, daß ich bei jeder Blume, kurz bei allem unserer lieben so früh heimgegangenen Anna gedenke. – – ||

Gott gebe Dir Kraft, daß es Dir immer mehr gelingt, die [!] in das Unvermeidliche zu finden, und daß Du dankbar das genießt, was Dir Gutes im Leben geboten wird. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel ist das Unglück so überweltigend über Dich gekommen; und doch wie schrecklich würde es Dir gewesen sein, wenn Du die geliebte Frau Jahre lang hättest krank und elend gesehn, und wie schwer würde das ihr geworden sein, also hat Gott es || mit ihr wohl gemacht! –

Der gestriche Tag wurde mir recht schwer; ich fühlte mich sehr unwohl. Hals- und Kopfweh quälten mich schon beim Aufstehn; und doch mußte ich mich zusammen nehmen, da wir zu Mittag bei Tante Bertha waren, die auf liebenswürdige Weise zur Feier des Geburtstags eine Fete gab: Onkel Julius mit seiner Tochter Adelheid und Heinnrich; Dein Schwager Heinnrich, Helehne und August; Herr Voswinkel mit Frau und Tochter, Georg Reimer, Frau und Tochter Adelheid; Agnes Sack etc. || Der ganze Tag war mir schon so sehr ernst; ich erkenne es ja mit Dank an, daß es für den Augenblick Vater besser geht; aber – –

Anna ist aus Landsberg gestern Abend hier beia Jacobis angekommen; Helehne will sie mit nach Heringsdorf nehmen, wohin sie Dinstag mit ihren Kindern geht. Clärchen und Anna waren eben hier, und brachten mir den Brief von Karl und Herrmine, beide sind hoch erfreut über die Reise. – – ||

Wie Anna sagt, wird der kleine Karl künftigen Sonnabend herkommen, und wirb denken, dann Sonntag, den 8ten früh von hier zu fahren; ich bitte Dich uns den Wagen nach Apolda zu schicken. Sollte sich in unserer Reise was ändern, so schreibe ich es. Bekommst Du keine Nachricht, so reisen wir Sonntag früh, und bringen den kleinen Karl mit und Hulda. – Ich freue mich, daß ich mal wieder traulich mit Dir werde plaudern können. || Deinen Brief an Herrn Professor Virchow habe versiegelt und hingeschickt. – Daß Dein Freund dann die ganze Reise im Herbst mit Dir machen wird, freut mich sehr. Auch daß Du Besuch von Ernst Weiß und von Marthens gehabt hast. Frau Professor Weiß ist noch nicht von Teplitz zurück. Tante Gertrude ist vorigen Freitag hin gereist; und Quincke wollte gestern Abend dahin abreisen, sein Sohn, Georg, ist Professor hier geworden. ||

Die gewünschten Sachen werde ich mitbringen, auch die Photographien, die gekommen und bezahlt sind. –

Solltest Du sonst von hier noch etwas wollen besorgt haben, so schreibe es in Zeiten. Wenn nichts besonders vorkommt, so schreibe ich nicht noch mal. Es hofft Dich gesund zu finden

Deine

Dich so innig liebende

Mutter Lotte.

Häckel grüßt Dich herzlich. –

a gestr.: zu; eingef.: bei; b korr. aus: wird

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
02.07.1865
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 49185
ID
49185