Ernst Haeckel an Franz Ried (Dekan der medizinischen Fakultät in Jena), Berlin, 5. November 1861
Hochgeehrter Herr Dekan!
Bei meiner letzten Anwesenheit in Jena, im Juni dieses Jahres, hatte ich die Ehre, mich Ihnen vorzustellen, und Ihnen, wie auch Herrn Staatsrath Seebeck, meine Absicht mitzutheilen, mich im Laufe des Winters für vergleichende Anatomie in Jena zu habilitiren. Die Herausgabe einer größeren Arbeit, die bisher alle meine Zeit in Anspruch nahm, ist jetzt soweit vorgerückt, daß ich nunmehr an die Ausführung jenes Planes gehen kann, und ersuche ich Sie daher ergebenst, mein Gesuch um die Erlaubniß zur Habilitation der hohen medicinischen Facultät vorzulegen. Sollten sich Formverstöße darin finden, so ersuche ich Sie, diese durch meine Unbekanntschaft mit den dort üblichen Formen gütigst zu entschuldigen. Zugleich füge ich die ergebenste Bitte hinzu, es womöglich so einzurichten, daß ich nicht vor der eigentlichen Habilitation nach Jena zu kommen brauche, da meine Zeit || durch die Beendigung der gedachten Arbeit immer noch sehr in Anspruch genommen ist. Sollten Sie außer dem im Curriculum vitae Mitgetheilten noch Mehreres über meine Verhältnisse zu wissen wünschen, so können meine Freunde, die Professoren Gegenbaur und v. Bezold Ihnen Auskunft ertheilen.
Indem ich mich Ihrem geneigten Wohlwollen bestens empfehle, bleibe ich
mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr ergebenster
E. Haeckel Dr. med.
Berlin am 5ten November 1860
(Berlin Wilhelmstr. 73.)