Ernst Haeckel an Heinrich von Eggeling, Jena, 20. Januar 1890 (Konzept)

Jena 20.a Januar 1890.

Bericht des Prof. Haeckel

über die Verwendung des

Ertrages der Ritter-Stiftung

pro 1890.

Hochgeehrter Herr Curator.

Für die Verwendung des diesjährigen Ertrags der Ritter-Stiftung erlaube ich mir ergebenst, nachstehende Vorschläge zu machen und der Genehmigung durch Durchlauchtigste Erhalter zu unterbreiten.

A. 1500b Mk. Jahres Gehalt für den Zootomischen Prosector undc Inhaber der Ritter Professur, Dr. Kükenthal.

B. 600 Mk. Jahres Gehalt für den Museums Custosd und I. Assistenten, Dr. Herbst.

C. 2000 Mk. Reise-Stipendium für Untersuchungen der Littoral-Fauna in Nord Afrika (Tunis-Algier-Oran), welche ich in den bevorstehenden Oster Ferien auszuführen gedenke.||

D. 2000 Mk. Reise-Stipendium für Dr. e A. Ortmann (von Schleusingen), welcher die Korallen Bänke des Indischen Oceans an der Ostküste von Afrika (Zanzibar bis [ ]) zu untersuchen wünscht.

E. 1200 Mk. Reise-Stipendium für Dr. Max Verworn, welcher seine physiologischen Untersuchungen über Protisten an den Küsten des Mittelmeeres fortsetzen will.

F. 2600 Mk. zur Deckung von außerordentlichen Auslagen für die Bibliothek des Zoologischen Instituts.

Die genannten Ausgabenf zusammen würden 9900 Mk betragen (2100 Gehälter, g5200 Reise-Stipendien, 2600 Bibliothek). Die diesjährigen Einnahmen der Ritter-Stiftung würden voraussichtlich über 12.100 Mk. betragen, da die Erträge von 1889 nur bis zur Summe von 9500 Mk. verausgabt sind. Es würde mithin ein Rest von cc 2200 Mk. disponibel bleiben, welchen ich dem Reserve-Fonds zu überweisen beantrage.||

Zur Motivirung der gemachten Vorschläge gestatte ich mir folgende Erläuterungen:

Ad. A. Das h Gehalt für den im October 89i ernannten neuen Inhaber der Ritter-Professur, Dr. Kükenthal, auf 1500 Mk festzusetzen, ist bereits in meinem Berichte vom 16. October 1889 beantragt und von den Durchlauchtigsten Erhaltern genehmigt worden.

Ad. B. Der bisherige I. Assistent j Dr. Alfred Walter, dessen Gehalt durch hohe Verfügung vom 28. October 1889 auf 1000 Mk erhöht war, verläßt zu Ostern Jena, um eine Stelle als Custos am Zoologischen Museum in Hamburg zu übernehmen. Für den an seine Stelle tretenden neuen Assistenten, Dr. Curt Herbst, (aus Altenburg) erscheint das frühere Gehalt von 600 Mk. ausreichend.

Ad. C. Bei der Reise an diek Nord-Africanische Küste, welche ich in den Oster Ferienl anzutreten gedenke, beabsichtige ich vorzugsweise meine Untersuchungen über Radiolarien fortzusetzen daneben aber auch zugleich die Littoral-Fauna von Algier und Tunis kennen zu lernen u. für unser Zoologisches Museum auszubeuten. || Da bei der beträchtlichenm Ausdehnung der zu bereisenden Küstenstrecke (von Oran bis Tunis) die beiden Monate März und April knapp bemessen erscheinen, ist es mir sehr erwünscht, die Reise bereits Mitte Februar antreten zu können; und ersuche ich Sie, hochgeehrtester Herr Curator, mir gütigst Urlaub vom 14. Februar an zu vermitteln. n

Ad. D. Herr Dr. A. Ortmann (aus Schleusingen), welcher sein akademisches Triennium hier in Jena o verbracht und mehrere Jahre speciell bei mir gearbeitet hat, ist mir als ein sehr unternehmender und talentvoller junger Naturforscher bekannt, der sich vorzüglich zur Ausführung größerer zoologischer Reisen eignet. p Ich selbst habe ihm die Bearbeitung meiner werthvollen, aus Ceylon mitgebrachten Korallen Sammlung übertragen, und er hat sie zu meiner vollen Zufriedenheit ausgeführt. Auchq andere Publicationen, die vorzugsweise Korallen und Bryozoen betreffen, bezeugen sein vorzügliches Talent für systematische Zoologie. ||

II

20. Jan

1890

Dr. A. Ortmann ist seit 2 Jahren I. Assistent am naturhistorischen Museum in Strassburg i. E. Da derselbe seine Reise nach Zanzibar erst im Spätherbst anzutreten gedenkt (für welche er außerdem von der Universität Strassburg ein Stipendium erhält)r, wird auch erst zu dieser Zeit die Auszahlung der beantragten Summe von 2000 M zu erfolgen haben.

Ad. E. Herr Dr. Max Verworn, ebenfalls ein mehrjähriger specieller Schüler von mir, hat sich bereits sehr vortheilhaft s bekannt gemacht durch seine kürzlich erschienenen psycho-physiologischen Protisten Studien, einer Schrift, in welcher ein noch kaum betretnes neues Forschungs-Gebiet ( – das Seelenleben der einzelligen Urthiere – ) in origineller Weise durch sinnreiche Experimental Untersuchungen erschlossen wird. Derselbe wünscht diese Untersuchung an niedern Seethieren fortzuführen und zu diesem Behufe ein ganzes Jahr an der Mittelmeer Küste (vornehmlich t in Villafranca und Messina) zu arbeiten. Er hat zur Ausführung dieser Absichtu bereits an der Universität Göttingen das Blumenbach-Stipendium (im Betrage von 1800 Mk.) erhalten. Da dasselbe jedoch für den einzigen Aufenthalt am Mittelmeere nicht || ausreicht, beantrage ich, seinem Wunsch entsprechend, ihm aus der Ritter-Stiftung einen Zuschuß von 1200 Mk zu gewähren.

Ad. F. Bezüglich der außerordentlichen Auslagen, welche ich in den letzten Jahren für die Bibliothek des Zoologischen Instituts gehabt habe, beziehe ich mich auf den beifolgenden besonderen (durch Rechnungs Ablage erläuterten)v Bericht, und bitte, zur vollen Deckung derselben 2600 Mk zu gewähren.

Indem ich Sie, hochgeehrter Herr Curator, ergebenst ersuche, für die obigen Vorschläge die hohe Genehmigung der Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Staats-Regierungen vermitteln zu wollen, bleibe ich

in vorzüglicher Verehrung

Ihr ergebener

Ernst Haeckel.

a gestr.: 18; b gestr.: 2000, eingef.: 1500; c eingef.: Zootom. Prorector u.; d eingef.: Museums; egestr.: Ohrtmann; f gestr.: Summen, eingef.: Ausgaben; g gestr.: 78; h gestr.: dem neu eingetretenem; i eingef.: Gehalt für den im Octob. 89; j gestr.: W; k gestr.: für, eingef.: an die; l gestr.: Mitte Februar, eingef.: in den Oster Ferien; m gestr.: die für die, eingef.: bei den beträchtlichen Ausdehnungen; n gestr.: Dass Meine Vorlesungen erleiden dadurch keine Verkürzung, da ich durch Ausgleich Tausch mit Dr. Kükenthal; o gestr.: absol; p gestr.: Er; q gestr.: Seinen Ruf aus; eingef.: Auch; r eingef.: (für welche er außerdem von der Universität Strassburg ein Stipendium erhält); s gestr.: aus; t gestr.: Mes; u gestr.: diesem Besuche, eingef.: Ausführung dieser Absicht; v mit Einfügungszeichen eingef.: (durch Rechnungsablage erläuterten)

Brief Metadaten

ID
47569
Gattung
Briefentwurf
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Zielort
Zielland
Deutschland
Datierung
20.01.1890
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
6
Umfang Blätter
4
Format
21,0 x 33,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 74569
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Eggeling, Heinrich; Jena; 20.01.1890; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_47569