Herrn Professor Dr. Rudolf Straubel
Direktion der Carl-Zeiss-Stiftung.
Jena 28. Mai 1918.
Hochverehrter Herr Kollege!
Gestern Abend teilte mir ihr Herr Schwager Professor Dr. Otto Knopf, mein lieber alter Kollege, mit, dass die Direktion der Carl-Zeiss-Stiftung eventuell bereit sein würde, mein seit 36 Jahren bewohntes Grundstück (Villa Medusa mit Garten, Berggasse 7) anzukaufen. Nach einem oft erörterten Plan sollte mein Haus zu einem erweiterten originellen Archiv für Entwickelungslehre ausgestaltet werden und nicht allein den reichen Inhalt des bisherigen „Haeckel-Archivs“ (seit 2 Jahren in der Universitäts Bibliothek untergebracht) und des „Gedenksaales“ im Phyletischen Museum aufnehmen, sondern auch einen Teil der von mir seit 60 Jahren gesammelten wertvollen Kunstschätze und wissenschaftlichen Sammlungen, welche ich als Geschenk der Universität Jena vermachen will.
Die vielen und wichtigen Fragen, welche dabei zu besprechen sind, und welche vielseitige Interessen sowohl der Universität als der Carl-Zeiss-Stiftung betreffen, erfordern eine baldige mündliche Besprechung mit Ihnen. Da ich leider Sie nicht aufsuchen kann, bitte ich Sie freundlichst, sich in diesen Tagen zu mir zu bemühen; ich stehe Ihnen sowohl Vormittags (zwischen 9 und 1 Uhr) als Nachmittags (zwischen 4 und 8 Uhr) zu Diensten, und bitte Sie mir wenn möglich die Stunde ihres Besuches vorher mitzuteilen. Ich möchte gern bald Herrn Staatsminister Exzellenz Rothe in Weimar, der sich auch für das Projekt interessiert, vorläufige Mitteilung über dessen derzeitigen Stand machen.
Für die wertvolle Förderung, welche die Direktion der Carl-Zeiss-Stiftung im vorigen Jahre durch das Geschenk von 20.000 Mk dem Phylethischen Archiv gewährt hat, wiederhole ich bei dieser Gelegenheit meinen herzlichsten Dank! – Mit freundlichen Grüßen und der Versicherung vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster
Ernst Haeckel. ||
Herrn Professor
Dr. Rudolf Straubel
Botz-Str. 10
Jena