Bartholomäus von Carneri an Ernst Haeckel, Marburg an der Drau, 10. Januar 1893

Marburg 10. Jänner 1893.

Geliebter und verehrter Freund!

Ihr Glaubensbekenntniß giebt mir keine Ruhe. Der Widerstand, den meine, schließlich vielleicht doch nur bornirte Denkweise in ein paar Punkten Ihnen entgegensetzt, tritt immer mehr in den Hintergrund gegenüber der Großartigkeit Ihres Weltumfassens. Noch weiß ich nicht, wie ich die Sache anzupacken habe, um meine Bewunderung voll zum Ausdruck kommen zu lassen; aber immer klarer wird es mir, daß ich die nöthige Wendung finden muß: so sehr gährt’s in mir von dem Bedürf - || niß, Ihren Vortrag in einem Wiener Blatte anzuzeigen.

Nun brauche ich aber eine Auskunft, die zwar im Grunde nur etwas Nebensächliches betrifft, jedoch, wie Sie gewiß aus eigener Erfahrung wissen, trotz Ihrer Kleinheit weggeräumt werden muß, damit etwas recht in Fluß gerathen könne. Ich brauche keinen Brief, was ich vorausschicke, um Sie nicht fürchten zu lassen, daß ich ein grobes Attentat auf Ihre kostbare Zeit im Schild führe.

Ich brauche nur eine Postkarte mit 3 Wörtern: Carneri Marburg Ja oder Carneri Marburg Nein. ||

Ich muß nämlich wissen, ob der Professor Schlesinger, der in Altenburg die Festrede gehalten hat, identisch ist mit dem, der in unserem Reichsrath sein Unwesen treibt?

Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, wieso der zu dieser Ehre kommen konnte, und da ich die Festrede nicht kenne, möchte ich’s bezweifeln, wegen der Milde, mit der Sie ihn abgeführt haben.

Und jetzt in alter Treue einen Händedruck

Ihres

Carneri

Brief Metadaten

ID
4673
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsland aktuell
Slowenien
Entstehungsland zeitgenössisch
Österreich Ungarn
Datierung
10.01.1893
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
14,4 x 22,7 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 4673
Zitiervorlage
Carneri, Bartholomäus von an Haeckel, Ernst; Marburg an der Drau (Maribor); 10.01.1893; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_4673