Ernst Haeckel an Mathilde Lang-Bachelin, Jena, 26. Oktober 1893

Frau Professor | Dr. Lang in | Zürich.

JENA, DEN 26. Octbr 1893

Liebe Frau Ritter-Professor

Hoffentlich wird Ihr gestrenger Herr Gemahl, der unvergleichliche „Ritter-Professor Nr. I“ (– Unicum in der Phylogenie des Homo sapiens! –) nicht eifersüchtig, wenn ich Ihnen einmal direct schreibe, und Sie bitte, die beifolgende dritte Auflage der „Indischen Reisebriefe“ meinem lieben Pathchen, der holden Rosalilia Jenensis, einzuhändigen; vorläufig, bis sie den Text liest, kann sie die 20 Bilder der neuen Auflage in Augenschein nehmen! ||

Wir hatten sehr gehofft, Sie und Ihren lieben Mann in diesem Sommer einmal wieder hier zu sehen; leider ist daraus ebenso wenig geworden, als aus meinem Besuch in der Schweiz. Ich mußte wegen meines alten Rheumatismus im August nach Gastein gehen.

Nächstes Jahr müssen wir uns aber sicher einmal sehen, sei es in Jena oder in Zürich. Wir gedenken Ihrer hier sehr oft; namentlich bei den Abenden auf der Schweizer Höhe, die diesen Sommer herrlich waren; ebenso im „Referir-Abend“, dessen Photographie Sie an uns erinnern soll! ||

– Unser Freund Kükenthal, (der kühne Abenteurer der erst die „wunderschöne Rosalilia“ grausam verschmähte!) hat nun auch seine wirkliche Ehefrau mit 2 Töchterlein im Stich gelassen und ist am 18. Oct. nach den Molukken abgesegelt. Hoffentlich kommt er über’s Jahr wohlbehalten wieder heim!

Die „zwei Töchter“ scheinen übrigens nicht allein für die Ritter-Professoren typisch zu sein, sondern auch für andere große Naturforscher – so für Gegenbaur und für den Challenger-Murray, der uns (mit Frau) vor 3 Wochen hier besuchte. ||

Meiner Frau und unseren Kindern geht es gut. Bei unserer Tochter in Leipzig verlebten wir vor Kurzem eine sehr schöne October Woche.

Mit herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus

Ihr treu ergebener

Ernst Haeckel.

P. S. Die Beilagen darf ich wohl Ihren Mann bitten an ihre Adresse gelangen zu lassen.

Dr. Wilhelm Bölsche, früher Redacteur der Berliner „Freien Bühne“, ist der Verfasser der Artikel über den famosen „Proceß Haeckel – Hamann“.

Brief Metadaten

ID
46161
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Zielort
Zielland
Schweiz
Datierung
26.10.1893
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,5 x 22,4 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 46161
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Lang-Bachelin, Mathilde; Jena; 26.10.1893; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_46161