E. V. CROMPTON | JAGDHAUS GR. BRÜTZ | BEI SCHWERIN I. M.
POST WITTENFÖRDEN
22.XI.17.
Hochverehrte Excellenz, 
gerade im Begriff, Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, recht gesunde Weihnachten zu wünschen, bekomme ich eben Ihren lieben, guten „Einschreibebrf.“ Tausend innigsten Dank, lieber, guter Herr Geheimrat, ich wünschte und hoffe, daß ich es für Trautchen „sparen“ kann, wenigstens einen Teil. Herzlichsten Dank für Ihre lieben, guten Wünsche!
Doch ganz furchtbar erschrocken bin ich, daß Sie solch bösen Unfall gehabt haben, und so darüber leiden müssen. ||
Es tut mir in der Seele weh, daß die Entfernung eine so große ist, daß es mir nicht möglich ist, schnell einmal nach Ihnen sehen zu können und ein bischen für Sie sorgen zu dürfen. Wenn Sie auch, was körperliche Pflege anbetrifft, von Ihren beiden Mädchen gut besorgt werden, so täte Ihnen doch sicher mal ein wenig liebevolles Erzählen auch gut. Ich bin so traurig, daß ich Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, so garnichts helfen kann. 
Auch kann ich Ihnen meine kl. Weihnachtsgabe, bestehend aus selbstgebackenem Honigkuchen (gestern entstanden) und etwas Selbstgeschlachtetes erst nach dem Fest senden, da Wertpakete z. Zt. nicht zulässig sind und ohne dieses es mir zu unsicher erscheint. ||
Da sende ich Ihnen nur einliegend das lachende, vergnügte Trautchen, daß [!] sich über die Radiolarien ihres lieben Patenonkel’s Haeckel (die kl. Schneekrystalle eben) sehr, sehr freut. Das ganze kl. Persönchen lacht doch auf dem Bildchen. 
Haben Sie eigentlich das kl. „Radiolarien-Märchen“ von mir s. Zt. erhalten, ich schickte es Ihnen am Bußtag ab, als Zeichen eines wahren, kl. Erlebnisses mit meinem kl. Sonnenstrahlchen, das so arg wißbegierig ist. Ich hätte gern gewußt, was Sie dazu sagten. 
Auch kenne ich das Buch von Bölsche, „Sonnen u. Sonnenstäubchen“ nicht u. wäre Ihnen für eine Zusendung sehr dankbar. 
Ebenso für gütige Mitteilung des Titel’s u. des Verleger’s jenes sehr schönen || illustrierten Buches über „Wagner’s Dramen“, das Sie mir bei meinem letzten Besuch in Jena gütigst zeigten u. von einer Verehrerin? erhalten hatten. Die Illustrationen waren so wundervoll poetisch. Sehr dankbar wäre ich Ihnen dafür.
Nun bin ich neugierig auf Trautchen’s morgende Freude. Am Freitag waren wir mit ihr zur Weihnachtsvorstellung im Theater. Einfach selig – als der leibhaftige Nikolaus aus einer Schachtel die ganzen Kinder mitsamt dem Struwwelpeter vorholte. Sie bekam gar nicht genug. Ich habe ihr heute noch ihre Puppen fertig anzuziehen – sie fiebert schon nach Allem. Ist aber sehr verständig, hat ihre Lieblingspuppe mit selber in’s Atelier gebracht zum „verreisen“ d. h. zum „Anmalen“. Doch nun, liebster, guter Herr Geheimrat, Alles Liebe u. Gute, innigsten, aufrichtigsten Dank für all Ihre Güte, ein möglichst gesundes Weihnachten mit einer Empfehlung von meinem Mann, einem süßen Küßchen von kl. Trautchen, grüßt Sie auf’s Innigste, mit einem tr. Handkuß in Gedanken 
stets Ihre Sie so hochverehrende, Ihnen treu u. innig dankbar 
ergebene Elli v. Crompton. 
Ihre Adoptivtochter freut sich sehr auf Weihnachten u. die damit hoffentlich verbunden Ruhe u. Stille,a um sich an Ihren „Krystallseelen“ u. Aquarellen freuen zu können. Wird das schön werden!b 
a weiter am Rand auf S. 4: ergebene … Stille,; b weiter am Rand auf S. 3: um sich … werden!