Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Groß Brütz, 18. Juni 1917.

Frau E. v. Crompton | Jagdhaus Gr. Brütz | Post Wittenförden bei Schwerin i. M. | Telephon: Wittenförden Nr. 3.

18. Juni 1917

Hochverehrte Excellenz,

für Ihren lieben Brief Ihnen auf’s Herzlichste dankend, freute es mich so, daß Sie Pfingsten mit Ihren Lieben meiner freundlich gedacht haben.

Bald danach erhielt ich auch einen lieben Brief von Ihrer Enkelin Gertrud, der mich herzlich gefreut hat. Danach tut es ihr auch sehr leid, daß Alles so gekommen ist. Sie schrieb vom Harz aus an mich. Vor einigen Tagen schickte ich ihr nun ein paar kl. Photographien und schrieb ihr, daß ich stets eine gute Erinnerung an sie bewahren würde und mich freuen, wenn sie doch einmal wieder kommen möchte. Mit kommt das Ganze nur noch wie ein böser Traum vor. – ||

Ich habe es nur sehr bedauert, daß das sonst so gescheite große Mädchen so wenig Menschenkenntnis besaß u. so leicht zu beeinflussen war u. weil ich mich auch schon so auf die Malstunden mit ihr gefreut hatte. –

Mancher Mensch muß eben viel Lehrgeld im Leben zahlen, so auch ich immer – jetzt auch bei meinem Unternehmen – immer etwas Neues, Unvorhergesehenes – In 8 Tg. werde ich nun schon schrecklich 40 Jahre – und ich kenne doch keine Minute an meinem Leben, in der ich einmal sorgenfrei gewesen wäre – Es ist wirklich beinahe, als ob ein Fluch auf einem läge, daß man nie zum Aufatmen kommt. Dabei bilde ich mir ein, nicht schlechter zu sein, als der Durchschnitt und stets den besten Willen zu haben, tüchtig zu sein und vorwärts zu kommen. Ich bin nur mittlerweile alt geworden und stehe wie im Anfang da. Wenn ich doch wenigstens || nur einmal einen kleinen Erfolg sähe, daß ich die Aussicht hätte, für Trautchen doch noch etwas zu erreichen.

Das ist wirklich das reine Sonnenscheinchen, das Kind macht nur Freude – umsomehr fühle ich die Verpflichtung, auch für das Kind gut zu sorgen. Nun hoffentlich gelingt es doch noch – Augenblicklich siebt es hier im Lande trostlos aus – die entsetzliche Dürre – kein Regen – Alles verdorrt, das Obst vertrocknet an den Bäumen, das Korn trägt nicht genug. – Alles Gemüse, Alles verkrummt – Es sind elenden böse Aussichten – Wenn das Land den Städten nichts nach liefern kann – dazu – diese elende Scheidemann und Genossen – Man kann wirklich beinahe an Allem verzweifeln –

Doch nun sagen Sie mir bitte einmal, ist Ihr Herr Sohn noch bei Ihnen? ||

Wie geht es Ihrer Enkelin Else?

Ach, lieber, guter Herr Geheimrat, eine große Bitte hätte ich an Sie, als ich neulich mir meinen „Ekkehard“ wieder vornahm, erinnerte ich mich Ihres köstlichen Aquarell’s vom „Hohen Twiel“. Wenn Sie dasselbe noch besitzen sollten und es noch Niemand sonst zugedacht haben, so möchte ich Sie herzlichst darum bitten, da ich ja doch wohl kaum in meinem Leben dazukommen werde, um solche Reisen machen zu können und ich es immer so bewundert u. geliebt habe.

Sie nehmen mir hoffentlich meine Bitte nicht übel, mein lieber, guter Adoptivvater.

Trautchen sendet Ihnen ein herziges süßes Küßchen. Ich wünsche nur, Sie könnten sie noch einmal sehen und ihr etwas Glück für ihr kl. Leben wünschen.

Ihnen Alles Gute u. Liebe wünschend, daß die jetzige warme Jahreszeit Ihnen etwas gut tun möchte u. Sie sich noch wieder etwas erholen möchten bin ich stets u. immer

mit innigen Grüßen

Ihre Sie so hochverehrende, Ihnen treu u. aufrichtig dankbare

Elli von Crompton

Brief Metadaten

ID
4536
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
18.06.1917
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,2 x 18,1 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4536
Zitiervorlage
Crompton, Ella von an Haeckel, Ernst; Groß Brütz; 18.06.1917; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_4536