Wilhelm Knaupp an Ernst Haeckel, Renchen, 2. Juli 1908
Herr Professor Haeckel
An Ihrem 75. Geburtstage, so hatte ich mir vorgenommen, wollte ich die M 30,000 welche Ihnen testamentarisch von mir aus zugedacht sind Ihnen schon bei Lebenszeit übergeben; da aber am 30 Juli ein für Sie so wichtiger Festtag erscheint, so habe ich mich entschloßen, die benannte Summe am 30 Juli Ihnen zuzusenden.
(Die Liste der für Sie bestimmten Werte ist beigelegt.)
An diese Uebergabe der Summe möchte ich eine einzige Bedingung knüpfen u. die betrifft den Herrn Dr. H. Schmidt. Seit 3 Jahren erhält dieser wackere Mann als Arbeitsstipendium jährlich von mir M 500 nehmlich aus den Zinzen [!] des für Sie bestimmten Kapitals, || jetzt aber fällt das Kapital Ihnen zur freien Verfügung zu u. der Dr. H. Schmidt gieng der Mk 500 verlustig. Sollte dieser ehrenvolle, strebsame u. stets in der a vordersten Reihe Kämpfender darunter leiden, so wäre das mir sehr leid – Wie könnte man es denn machen so, daß der Doktor wenigstens noch 2–5 Jahre (je nach dem Bedürfniß), das Stipendium von jährlich M 500 von dem Einkommen des Ihnen Zugedachten ausgezahlt bekäme.
Es würde mich angenehm berühren, wenn ich über diese mir wirklich am Herzen liegende Angelegenheit Ihre hoch geschätzte Ansicht vernehmen könnte.
Also kurz!
Ist Herr Schmidt nicht in Not, so fällt alles weg. Ist er es aber bedürftig, so wäre das Stipendium v. M 500 aus dem betreffenden 30.000 für 2–5 Jahre Bedingung.
Mit aller Hochachtung grüßt und dankt Ihnen
Ihr ganz ergebener
Wilh. Knaupp
a gestr.: fo