Schultze, Leonhard

Leonhard Schultze an Ernst Haeckel, Jena, 26. Februar 1907

Jena, 26.2.07.

Hochverehrter Herr Professor!

Soeben erhalte ich die offizielle Ernennung zum a. o. Professor und bedaure nur, meiner Erkältung wegen mich als solcher Ihnen nicht gleich persönlich vorstellen zu können.

Ich sehe mit dieser Beförderung zwischen Ihnen und mir keine bloße Formalität sich abspielen, sondern || sehe in ihr einen freudigen Beweis Ihres Vertrauens in meine wissenschaftliche und akademische Fähigkeit. Und dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen! Es gab eine Zeit, in der das Ideal meiner Jünglingsjahre, meine Lebensarbeit mit der Ihrigen zu verbinden, durch das Mißgeschick persönlich widriger Konstellationen am Institut für immer verloren schien. Ich hatte mich um des Friedens willen || stillschweigend, aber nicht unter leichten Kämpfen mit dieser Wendung abgefunden. Erst seit meiner Rückkehr aus Afrika sah ich das alte Verhältnis, das ich schmerzlich vermißt hatte, wieder zu seinem Recht kommen, und um so glücklicher machte mich das, als es von Ihnen spontan ausging. Ich brauche Ihnen, hochverehrter Lehrer, nicht noch einmal zu versichern, daß ich, – mag auch die wissenschaftliche Überzeugung von allen persönlichen || Wandlungen unberührt geblieben sein, – doch jetzt mit doppelter Freudigkeit meine Kraft der Sache widme, die Sie groß begonnen haben. Lassen Sie sich das Vertrauen, das Sie mir bei dieser Aufgabe so reich entgegenbringen, durch Nichts und durch Niemanden nehmen: das ist die conditio sine qua non des Gelingens; für das Übrige bürge ich.

Ich bleibe stets

Ihr Ihnen dankbar ergebener Schüler

Leonhard Schultze.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
26.02.1907
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 45102
ID
45102