Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Grunewald, 30. Dezember 1914.

Berlin-Grunewald, Charlottenbrunnerstr. 4

30.XII.14.

Hochverehrte Excellenz,

bitte verzeihen Sie vor Allem, daß ich Ihnen erst heute von ganzem, innigstem Herzen danken kann für diese so sehr große Weihnachtsfreude, die Sie mir bereitet haben. Ich hoffe nur von ganzem Herzen, daß Sie mit den lieben Ihren, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, bessere Weihnachten verlebt haben; bei uns war es das reinste Krankenhaus. Jetzt schlafen meine beiden lieben Patienten ein bischen ruhiger, da benutze ich schnell das bischen Augenblick Zeit.

Vor Weihnachten legte mein Mann sich an Influenza hin; 2 Tage vor Weihnachten // bekam es auch Trautchen, obgleich ich sie sorgsam gehütet hatte. Das Kleinchen hatte gleich 40°, dazu erschien meine Aufwärterin von Weihnachten auch ab nicht mehr. Sie hätte sich „angestochen“, wie sie mir sagen ließ u. mich mit meinen Patienten, Kleinkinderwäsche und mich selbst fiebernd im Stich ließ. Heilig Abend wollte mich der Arzt selbst in’s Bett stecken, aber was sollte dann werden. Dazu war rasend zu tun für die Baugesellschaft. Am Weihnachtnachmittag konnte ich wirklich nicht mehr weiter u. probierte mich wenigstens 1 Std. hinzulegen. Als ich mich eine Weile geruht hatte, klingelte ein verwundeter Soldat u. brachte mir Ihr liebes Paket.

Da habe ich mich so furchtbar darüber gefreut, daß Sie, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, der Einzige waren, der so lieb an mich zu Weihnachten gedacht mit Ihren lieben, guten, warmen Worten und dazu mich noch so reich beschenkt. Haben Sie vieltausend, || innigsten, aufrichtigsten Dank für Ihre große Güte und Liebe, für das reiche Geldgeschenk von 50.- Mk., für die Bücher und die Plaketten. Ich finde letztere sehr gut gelungen. Ganz besonders in der größer u. schöner ausgeführten kommt Ihr prächtiger Kopf herrlich zur Geltung. „Monistische Bausteine“ besaß ich noch nicht und danke ich Ihnen herzlich dafür. Für das II. Exemplar bin ich Ihnen auch herzlichst dankbar. Ich werde dasselbe Frl. Klein mit Ihrer gütigen Erlaubnis schenken, die auch eine sehr große Verehrerin von Ihnen ist, und ganz besonders immer von Ihrem herrlichen Kopf entzückt ist als Porträtmalerin. Sie ist auch Königsbergerin, gehört zur freien Gemeinde, hat jahrelang in Jena unterrichtet, malt viel im Museum, (wo ich sie kennen lernte) u. pflegt seit dem Ausbruch des Krieges als Rote Kreuz-Schwester im Vereinslazarett in Straußberg. Ich bin Ihnen daher doppelt dankbar, auf diese Weise ihr auch eine Freude bereiten zu können.

Meinen beiden Patienten geht es besser, die An-||steckungsgefahr ist vorbei seit ein paar Tagen (darum kann ich auch schreiben) nur ist bei meinem Mann die Lunge wieder sehr angegriffen, wie sich bei der heutigen Untersuchung herausstellte u. dann haben sich wieder Art Malariaerscheinungen dazu gesellt, sodaß ich die letzten Nächte nicht aus den Kleidern gekommen bin – – –

Von ganzem Herzen hoffe ich, daß es Ihnen, sowie Ihrer verehrten Frau Gemahlin, der ich Sie bitte, auch meinen herzlichsten Dank zu sagen für ihre freundlichen Wünsche, gut geht und wünsche Ihnen, sowie den lieben Ihren ein glückliches, neues Jahr 1915, vor Allem, daß das neue Jahr unserem Vaterland und dadurch uns Allen recht, recht bald einen siegreichen, guten Frieden bringen möchte, daß all die ungezählten Opfer aufhören möchten u. nicht vergeblich gewesen wären. Bitte gönnen Sie mir auch im neuen Jahr ein Plätzchen in Ihrem großen, gütigen Herzen; ich werde mich auch stets bemühen, Ihrem Vertrauen Ehre zu machen. Nochmals danke ich Ihnen aus tiefstem Herzen für die große Weihnachtsfreude und bin mit den besten Wünschen, denen mein Mann sich auf’s Beste anschließt und herzlichsten Grüßen, auch an Ihre hochverehrte Frau Gemahlin mit einem ehrfürchtigsten Handkuß stets u. immer

Ihre Sie so hochverehrende, Ihnen stets treu u. innigst dankbar ergebene

Ella von Crompton

Brief Metadaten

ID
4499
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
30.12.1914
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,6 x 19,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4499
Zitiervorlage
Crompton, Ella von an Haeckel, Ernst; Berlin-Grunewald; 30.12.1914; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_4499