Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Grunewald, 20. Dezember 1914.

Berlin-Grunewald, Charlottenbrunnerstr. 4

20.XII.14.

Hochverehrte Excellenz,

hoffend, daß es Ihnen in dieser schweren Zeit möglichst gut geht, und Ihnen, lieber, guter Herr Geheimrat, die herrliche Siegesnachricht aus dem Osten auch ein köstliches Weihnachtsgeschenk gewesen, möchte ich Ihnen ein wenn irgend möglich gesundes und frohes Fest wünschen. Gestern schickte ich Ihnen per Post eine Kiste enthaltend noch ein Aurelia-Kissen in der Annahme, daß das alte vielleicht nicht mehr ganz intakt ist und mit der Bitte, es freundlich aufzunehmen als || kleines Zeichen meiner Dankbarkeit. Ich hatte das Kissen für die Kölner Ausstellung gearbeitet, dasselbe wurde erst ein paar Tage vor dem Kriegsausbruch dort ausgestellt, wegen der unglückseligen Unfertigkeit der ganzen Ausstellung. Danach hatte doch Niemand mehr Sinn für Kunst etc. So erhielt ich es vor ein paar Wochen zurück.

Ich hoffe, Sie finden Verwendung dafür.

Meinen letzten Brief mit der kleinen photographischen Briefeinlage haben Sie hoffentlich erhalten.

Bei uns geht jetzt ziemlich Alles drunter und drüber. Es ist ja jetzt fast Alles schon eingezogen und fehlen die Männer, (Portiers, Handwerker etc.) an allen Ecken und Enden. Das Telefon u Klingel steht kaum still. Dazu ich ohne Hilfe den ganzen Tag allein mit der Kleinen, da mein Mann tagsüber ununterbrochen draußen in den 45 Häusern beschäftigt ist.a Jetzt benutze ich eine || ruhige, kleine Sonntagsabendstunde zum Schreiben. Trautchen, die immer niedlicher wird und jetzt schon täglich Gemüse ißt, schläft, mein Mann, der wieder tüchtig erkältet ist, fiebert und hustet, hat sich hingelegt. Er ist sehr unglücklich, daß er nicht mit in’s Feld kann, und giebt diesem Umstand die Schuld seines jetzigen wieder vielen Kranksein’s. Doch hofft er auf das Versprechen seines Freundes Major v. Baumbach, hin zum Frühjahr doch noch hinaus zu können.

Der unglückselige Krieg wird sich doch wohl noch sehr in die Länge ziehen. In Rußland werden ja wohl bald auch die Japaner zur Hilfe auftauchen – Unsere Beschießung in England war doch sehr schön. Der moralische Sieg ist vielleicht noch der beste dabei.

Das ist den Engländern wohl auch sehr lange nicht passiert, daß sie in ihrem eigenen Lande angegriffen || werden. –

Doch lieber, hochverehrter, guter Herr Geheimrat, Alles Gute u. Liebe für Sie und die Ihren, viele Grüße und beste Wünsche an Ihre hochverehrte Frau Gemahlin, eine Empfehlung von meinem Mann, es grüßt Sie auf’s Herzlichste

stets Ihre Ihnen treu u. aufrichtig dankbar ergebene Sie so hochverehrende

Ella von Crompton

a eingef. mit Einfügungszeichen: Jetzt benutze … beschäftigt ist.

Brief Metadaten

ID
4498
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
20.12.1914
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,6 x 19,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4498
Zitiervorlage
Crompton, Ella von an Haeckel, Ernst; Berlin-Grunewald; 20.12.1914; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_4498