Anonym an Ernst Haeckel, [Straßburg, 22. Dezember 1908]
Hochgeehrter Herr
Profosor [!] Dr. Häckel!
Erlaube mir Ihnen hierdurch meine Ansicht über die Entstehung des Menschen mitzuteilen.
Als sich die Erdkugel schloß und sich die Krust über sie gebildet hatte, da lagerte sich eine feine Erddecke, nennen wir sie Humus, darauf ab, die sich nach undenk-||barer Zeit anschwoll.
In diesem kraftvollen Stoff bildeten sich Lebewesen von der einfachsten Art bis zur höchsten Vollendung der Mensch.
Hier entwickelte er sich bis zur Reife und als das Weltall sich klärte, die Luft uns berührte und als die Sonne ihr erster Strahl hernieder sandte da wurde es lebendig in der Mutter Erde Schooß, die Hülle, nennen wir sie Ei, sprang und wir erlebten uns, ich möchte sagen als Riesengestalten mit den Geistesgaben, dem Trieb zur || Erhaltung und Fortpflanzung. Auf gleiche Weise entstand das Tier.
Die Sonne weckte aus der kraftvollen Erde die kräftigsten Gräßer, die wunderbarsten Pflanzen und köstlichsten Früchte die Mensch und Tier ernährten.
Die Quellen öffneten sich mit dem krystallenen Wasser zur Labung der Lebewesen und Erhaltung der Pflanzen. Das Festland war belebt auf dem ganzen Erdenrund, jeder Stamm passte zum Klima in dem er erzeugt wurde. ||
Was der Menschengeist im Anfang nicht begriff lehrte ihn der erstaunliche Instinkt der Tiere.
Die Tiefen füllten sich mit Wasser, auch darin wurde es bald lebendig.
Alles ist Natur, alles hat sich selbst geklärt. Die Natur ist die verkörperte Gottheit.
Dieses Heiligtum müssen wir lieben und anbeten lernen.
Die Natur ist unsre Mutter die immerdar liebend für uns sorgt und alles spendet.
Die Natur hegt uns in der Mutter Schooß.