Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Grunewald, 15. August 1912.

Berlin-Grunewald, Charlottenbrunnerstr. 4

15.VIII.12

Hochverehrte Excellenz,

wie geht es Ihnen denn, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat? Ich hoffe von ganzem Herzen, daß Sie und Ihre hochverehrte Frau Gemahlin sich wohl befinden. Fahren Sie auch regelmäßig hinaus?

Von uns muß ich leider sagen, daß wir recht böse Wochen hinter uns haben. Mein Mann bekam plötzlich heftige Lungenentzündung, die Krisis war recht schlimm. Nun jetzt geht es ja wie-||der leidlich; er kann jetzt schon wieder etwasa aufstehen. Der Arzt giebt die Schuld einer Infektion. Ich war schon ganz unglücklich, daß auch die Sonnenwohnung uns nicht vor solch bösen Krankheiten schützt, aber sehr froh, daß ich mich in Sommerhausen so gut erholt hatte, daß ich nun die anstrengende Pflege leisten konnte. Doch war die böse Krankheit ein recht arger Strich durch die Rechnung.

In vergangener Woche, als ich zum ersten Male von Hause fort konnte, bin ich gleich in den botanischen Garten gefahren, und habe dort neue Tafeln angefangen. Der Verleger ist jetzt auch schon ungeduldig mit Herrn Dr. Schellenberg geworden, weil derselbe ihm auch noch keinen Text || geschrieben hat. Ich zeichne und male nun in den Gewächshäusern bei tropischer Hitze, aber es macht mir viel Freude. Herr Dr. Sch. scheint sich auch das Leben leicht zu machen, indem er mir die Schnitte und Präparate überläßt und was ganz schwierig ist, einfach abzeichnen läßt aus anderen Werken. Vorläufig hat er mir nun wenigstens einige Pflanzen aufgeschrieben, die ich auf die Tafeln bringen soll, sodaß ich doch nun zu tun habe. Die andere Dame ist jetzt verreist, so habe ich vollständig freie Hand.

Haben Sie den Anthropologen-Congreß in Weimar verfolgt?||

Haben Sie sich, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, jetzt schon entschlossen, Ihre früheren Reisebeschreibungen herauszugeben?

Ich bin Ihnen so von Herzen dankbar, daß Sie mir die ersten beiden Bände der Köhler’schen Medizinalpflanzen geschickt haben, sie nutzen mir sehr. Herr Dr. Schellenberg behauptet, daß dies der IV. Band wäre, den er schreibt, und den ich illustriere, der III. wäre bereits erschienen. Ist Ihnen dieses bekannt?

In der Hoffnung, daß es Ihnen recht gut geht, mit einer Empfehlung an Ihre verehrte Frau Gemahlin, bin ich mit vielen herzlichen Grüßen, denen mein Mann sich anschließt,

stets Ihre Sie hochverehrende, Ihnen treu und innig dankbar ergebene

Ella von Crompton

a eingef.: etwas

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
15.08.1912
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4453
ID
4453