Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Steglitz, 04. September 1911

Steglitz – Albrechtstr. 72.

4. Septr. 1911.

Hochverehrte Excellenz,

herzlichsten Dank für Ihre so schnelle, gütige Auskunft, nebst den mich sehr interessierenden Einlagen, lieber, guter Herr Geheimrat, die ich heute früh erhielt. Ich bitte Sie nur freundlichst meine unvollkommene, in der Eile geschehene Anfrage zu entschuldigen. Es soll natürlich nach der Natur gemalt und genau mikroskopisch zerlegt werden. Es kommen hauptsächlich exotische Pflanzen für Heilzwecke in Betracht; III. Bd. sind schon früher erschienen. Darum habe ich sofort in meiner Antwort 50.- Mk. angesetzt. Gerne wüßte ich, wie ich mich ferner verhalten müßte. Sollte der Verlag mir event. den Auftrag erteilen, || wird das kontraktlich festgelegt? Außerdem wird, soviel ich gehört, das Honorar bei solchen Aufgaben erst nach Vollendung gezahlt. Da ich jedoch jeden Arbeitserlös, besonders unter den jetzigen Verhältnissen sehr zum Leben gebrauche, außerdem kein Mikroskop besitze, könnte ich vielleicht, ohne mir dadurch das event. Geschäft zu verderben, von dem Verlag einen Vorschuß erhalten? Ferner, wie könnte ich am besten und billigsten ein gutes Mikroskop erhalten, vielleicht leihweise? Ach, – ich denke schon immer so viel an Alles und es liegt Alles so im Ungewissen – ich wäre ja aber so unendlich glücklich, wenn ich die Arbeit erhielte! – Bitte, lieber, guter Herr Geheimrat, entschuldigen Sie meine vielen Fragen, womit ich Ihre Güte so stark in Anspruch nehme und halten Sie es meiner Unerfahrenheit hierin zu Gute! – || Meinen vorletzten Brief vom 31.VIII., meinen Dank für Ihren so lieben Goethe-Brief enthaltend, haben Sie doch erhalten?

Hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, ich bin sehr betrübt und unglücklich über diese Ausdehnung des Monisten‐Kongresses nach Jena! Eine Deputation von den Hauptvertretern, ich meine der Leiter des Kongresses, wäre ja selbstverständlich und gut gewesen, daß nun aber gleich 200 Personen mit Extrazug nach Jena zum Festessen kommen sollen, finde ich doch eine starke Zumutung für Sie, hochverehrter Herr Geheimrat! Daß die Leute so wenig Takt und Einsehen haben, Sie so zu quälen und Sie wieder in die breite Öffentlichkeit zerren! Die ganze Verzögerung ihrer Kur ist nutzlos, wenn nun dieser Überfall Ihnen in Jena zu teil wird. Ich glaube kaum, daß die Anregung und Freude, die Sie vielleicht davon haben werden, in irgend einem Verhältnis stehen wird zu den Anstrengungen und den Aufregungen. Das Ganze ist doch blos || auf diejenigen zurückzuführen, die Herrn Geheimrat um jeden Preis nach Hamburg haben wollten und Ihnen versöhnliche Ehrungen zugedacht. – Wenn es Ihnen irgend möglich ist, so entziehen Sie sich bitte diesem Ansturm und nehmen Sie auf keinen Fall an dem Festessen teil. Es tut mir so von Herzen leid, daß man Sie so quält und Ihnen so wenig Ruhe gönnt! Daß Sie wieder solch unruhige Tage und Nächte haben! Von ganzem Herzen hoffe ich nur, daß Sie sich dem Allein doch noch entziehen werden.

Wie geht es mit Ihrem Befinden?

Mein Mann hat jetzt eine kleine Vormittagsbeschäftigung (Vertretung des Inhabers eines Korrespondenzbureaus) für monatl. 50.- Mk. erhalten. Es ist doch wenigstens ein ganz kleiner Notbehelf!

Mit der Bitte, mich Ihrer verehrten Frau Gemahlin bestens zu empfehlen, mit einer Empfehlung meines Mannes, mit herzlichsten Grüßen, aufrichtigsten Wüschen für Sie, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, und vielem, innigem Dank bin ich immer

Ihre Sie hochverehrende, Ihnen treu ergebene, Ihnen stets dankbare

Ella v. Crompton

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
04.09.1911
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4424
ID
4424