Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Steglitz, 27. August 1911

Steglitz – Albrechtstr. 72.

27.VIII.11.

Hochverehrte Excellenz,

von Herzen denke ich Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, für Ihren lieben Brief vom 23.VIII.

Beifolgendes, kleines Bildchen des ehrwürdigen, lieb vertrauten Goethe-Häuschen’s möchte Ihnen ein kleiner Gruß sein zum 28. August, unserem hohen Feiertag und gleichzeitig ein bescheidenes, dankbares Erinnerungszeichen der glücklichen, reichen Stunden die ich bei Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat verleben durfte.

Es freut mich aufrichtig, daß Sie, hochverehrter Herr Geheimrat, meinen letzten Brief so aufgefaßt haben, wie er gemeint war, und mir meine || Offenheit nicht übel genommen; es beunruhigt mich nur sehr, daß Sie glauben, ich urteilte zu scharf. Ich hielt absichtlich soviel wie möglich meine schärfere Beurteilung zurück und beschränkte mich nur auf die wichtigsten Tatsachen, um nicht ohne Not noch mehr zu verletzen. Es schmerzt mich tief, daß ich das tun mußte, und Ihnen Schmerz bereiten, den ich bitter mit Ihnen fühle. Von ganzem Herzen hoffe ich, daß Ihnen, hochverehrter Herr Geheimrat, eine baldige, glückliche Lösung der schwierigen, leidigen Angelegenheit gelingen möchte und Sie darüber hinweg kommen zu Ihrer harmonischen Ruhe.

Hoffentlich schreitet die Besserung Ihres Befindens, wenn auch langsam, doch immer mehr vorwärts und wird Ihnen Baden-Baden vollständige Heilung bringen.

Die trostlose Dürre und dadurch entstehende Notlage übrigends als „himmlische Prüfung“ geduldig hinzunehmen, nach || der neuesten Altonaer Rede, ist doch sehr ermunternd und so tatkräftigend, nicht wahr?

Die Broschüre von Prof. Kocks ist wirklich sehr interessant, ich bin Ihnen herzlich dankbar dafür; es ist tatsächlich garnicht so einfach, als Bürger II. Klasse sich durch zu kämpfen! –

Lieber, guter Herr Geheimrat, ich denke immer an Ihre lieben, so bezeichnenden Erstlingsskizzen. Auf der rückwärtigen Vorbeifahrt sah mich der „Merseburger Dom“ darum viel vertrauter an. Möchten Sie nicht einen keinen Band mit diesen Anfängen herausgeben? Vielleicht mit Ihren ersten kleinen Reiseskizzen zusammen, die ich leider nicht kenne, von denen Sie mir jedoch letzthin sprachen. Es würde sicher ungemein Anklang und großes Interesse erregen und Ihnen eine Freude sein. Bitte tun Sie es doch auch gleich als kleiner Versuch, wie es mit Ihren Kräften steht. Wollen Sie nicht bitte diese Freude ihren Mitmenschen machen?

Gern wollte ich Sie, hochverehrter Herr Geheimrat auch gelegentlich erinnern || an das: „Zierlich denken ……..“ und Ihr Geburtshaus in Potsdam. Aber bitte nicht böse sein! –

Mit den herzlichsten Grüßen und allerinnigsten Wünschen für Sie, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, und bester Empfehlung an Ihre verehrte Frau Gemahlin, einer Empfehlung meines Mannes an Sie, bin ich immer

stets

Ihre Sie hochverehrende, Ihnen immer treu ergebene, aufrichtig dankbare

Ella v. Crompton geb. Gewert.

Brief Metadaten

ID
4421
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
27.08.1911
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
12,8 x 17,5 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4421
Zitiervorlage
Crompton, Ella von an Haeckel, Ernst; Steglitz (Berlin); 27.08.1911; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_4421